Die Bauarbeiten für die S-Bahn-Verlängerung nach Neuhausen sind in vollem Gange. Damit das Projekt bis Ende 2027 wirklich fertig wird, arbeitet die Stuttgarter Straßenbahnen AG an mehreren Stellen gleichzeitig. Gebaut werden Tunnel und Tröge.
In der riesigen Baugrube an der Heubergstraße in Bernhausen sind die Arbeiten für die S-Bahn-Verlängerung nach Neuhausen in vollem Gange. Der Tunnel, in dem bisher die S-Bahnen nach Betriebsschluss abgestellt wurden, wird nun erweitert. Bis Ende 2027 sollen die ersten Bahnen auf der neuen Trasse rollen. Steffen Schäfer ist einer der Koordinatoren des Projekts. An der Strecke zwischen Bernhausen und Sielmingen wird bereits an verschiedenen Stellen gearbeitet.
Mindestens acht Jahre später als zunächst geplant, soll die S-Bahn-Verlängerung fertig werden. Nachdem sich der S-Bahn-Bau immer wieder verzögert hatte, sind nun deutliche Fortschritte auf den Baustellen entlang der rund vier Kilometer langen Trasse zu erkennen. Mitten im Wohn- und Gewerbegebiet am Ortsrand von Bernhausen sind die Straßen aufgerissen. Deshalb wird der Verkehr an der Baustelle vorbeigeleitet.
Herausforderung für SSB: Zugang zu privaten Grundstücken bekommen
Damit die Menschen weiter in ihre Häuser kommen, gibt es mehrere provisorische Brücken. „Wir bauen da, wo es möglich ist“, sagt Schäfer. Eine Herausforderung ist nach seinen Worten, dass die Stuttgarter Straßenbahnen (SSB) für die Arbeiten Zugang zu 432 Grundstücken bräuchten. Zunächst hätten nicht alle Eigentümer mitgemacht. Außerdem mussten die SSB etliche Grundstücke für die S-Bahn-Verlängerung erwerben.
Zurzeit läuft der Leitungsbau entlang der Strecke. Die Verlegung der Leitungen hat 2024 begonnen, die ersten Tunnel und Tröge entstanden ab dem Frühjahr. Bis die Bauwerke alle fertig sind, wird es nach dem Zeitplan der SSB bis Ende 2026 dauern; der Bau der Gleise zieht sich bis Mitte 2027 hin. Wer mit dem Auto zwischen Bernhausen und Neuhausen unterwegs ist, sieht an vielen Stellen bereits die Konturen der Strecke. Die Projektleiter und -koordinatoren arbeiten in ihren Büros in den großen Containern an der Heubergstraße. Dort erreichen Anwohner, die sich über die Baustelle informieren möchten, die Verantwortlichen auf kurzen Wegen. Wie die S-Bahn-Strecke künftig aussehen soll, haben die SSB mit einem Drohnenflug simuliert. Da ist der Streckenverlauf deutlich zu erkennen, der in Teilen über die ehemalige Trasse der Filderbahn führt. Auf dem Thyssen-Gelände am Ortseingang von Neuhausen sind Teile der alten Bahnanlage zu erkennen. „Die werden zurückgebaut und entsorgt“, sagt Steffen Schäfer.
S-Bahn-Strecke: Lärmschutz als Herausforderung
Herausfordernd ist nach Schäfers Worten der Lärmschutz, da die künftige S-Bahn-Strecke an etlichen Wohnhäusern vorbeiführt. Wie schon beim Bau der S-Bahn in Bernhausen setzen die Planer auf sogenannte Unterschottermatten, die Lärm aus dem Tunnel dämmen sollen. Nachdem die S-Bahn nach Bernhausen 2001 in Betrieb gegangen war, hatten Lärm und Erschütterungen Anwohnern heftige Probleme bereitet. Damals musste die Deutsche Bahn den Lärmschutz nachrüsten. Heute bewege man sich auf der sicheren Seite, sagt Schäfer, und sorge gleich für den „bestmöglichen Lärmschutz“.
Wie sieht der künftige Streckenverlauf aus? An den bestehenden Tunnel wird ein zweigleisiges Tunnelbauwerk angeschlossen. „Da unterfährt die S-Bahn dann die Karlstraße und auch den Knotenpunkt mit der Nürtinger Straße“, erläutert Schäfer. Der Bauingenieur war auch Projektleiter bei der Verlängerung der U 6 zum Flughafen. Von diesen Erfahrungen profitiere er auch beim aktuellen Projekt. Über eine Rampe, die in einen Trog eingebettet ist, fahren die Bahnen dann auf das freie Feld. Da folgt die S-Bahn wieder der ehemaligen Trasse der Filderbahn.
S-Bahn: Filderstadt bekommt weiteren Anschluss
Nach einer weiteren Rampe in Troglage wird die Sielminger Bahnhofstraße unterquert. Der Haltepunkt in diesem Filderstädter Stadtteil lieget ebenfalls im Trog. „Ab der Markungsgrenze zu Neuhausen verläuft die Strecke dann eingleisig“, sagt Schäfer. Die Oberfläche des freien Feldes werde hinter Sielmingen aber nur kurz erreicht. Bis zum Bahnhof Neuhausen wird dann meist wieder in Troglagen gebaut. Filderstadt bekommt mit der Haltestelle Sielmingen einen weiteren Anschluss an die Bahn. Davon erhoffen sich die Kommunalpolitiker, dass künftig noch mehr Menschen auf den öffentlichen Nahverkehr umsteigen.
In den künftigen Kopfbahnhof in Neuhausen fahren die Züge von der eingleisigen Strecke auf drei Gleise ein. Neben zwei Bahnsteiggleisen gibt es auch ein Abstellgleis. Die Bahnhofsanlagen bauen die Gemeinde Neuhausen und die Stuttgarter Straßenbahnen jeweils abwechselnd. Die künftige Unterführung hat die Kommune mit einer Arbeitsgruppe des Gemeinderats jahrelang vorgeplant. Dieses Bauwerk ist bereits fertig.
Derzeit arbeiten die SSB an den Gleisanlagen. Die S-Bahn-Verlängerung nutzt die Gemeinde Neuhausen, um das Thema Mobilität neu zu denken. Am Bahnhof soll ein multimodaler Verkehrsknoten mit einem Fahrradturm, Carsharing, einer Reparatursäule für Radler und anderen umweltverträglichen Angeboten entstehen. Auch den Busbahnhof und den Bahnhofsvorplatz gestaltet die Gemeinde Neuhausen. Die städtebauliche Chance, mit dem neuen Bahnhofsareal eine zweite Ortsmitte zu erschaffen, nutzt die Fildergemeinde.
Schneller zum Flughafen
Kosten
Insgesamt kostet die Verlängerung der S-Bahn-Linie 3 von Bernhausen nach Neuhausen nach Angaben der Stuttgarter Straßenbahnen AG rund 210 Millionen Euro. Davon bezahle der Bund 171 Millionen Euro und das Land etwa 21 Millionen Euro. Den Rest der Kosten tragen der Verband Region Stuttgart, Filderstadt und Neuhausen sowie der Landkreis Esslingen. Die Stuttgarter Straßenbahnen sind Bauherr des Projekts, was ungewöhnlich ist. Einer der Gründe, dass die SSB eine Schienenverbindung der Bahn bauen, ist, dass das Projekt im Zusammenhang mit der Verlängerung der Stadtbahnlinie U 6 steht und über ein gemeinsames Förderprogramm realisiert wird.
Fahrzeiten
Wenn die neue Strecke voraussichtlich Ende 2027 in Betrieb geht, sind der Flughafen und der künftige Filderbahnhof in rund zehn Minuten direkt zu erreichen. Bislang gibt es nur mit dem Relex-Bus eine direkte Verbindung von Neuhausen.