Die Ukraine benötigt dringend 155-mm-Geschosse wie diese hier in der Nähe von Bachmut. Die EU will nun dafür sorgen, dass der Nachschub schneller läuft. Foto: AFP/ARIS MESSINIS

Kiew braucht zur Verteidigung gegen Russland dringend neue Artilleriegeschosse. Brüssel will dafür nun zwei Milliarden Euro zur Verfügung stellen.

Der Krieg in der Ukraine wird in den kommenden Wochen in eine entscheidende Phase gehen. Aus diesem Grund sagt die Europäische Union der Ukraine weitere militärische Unterstützung zu. Am Montag stellte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell umfangreiche Munitionslieferungen in Aussicht. „Wir stellen zwei Milliarden Euro für Munition bereit“, sagte Borrell am Montag in Brüssel am Rande eines Treffens der EU-Außen- und Verteidigungsminister.

Wie Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn erklärte, werde die Beschaffung der Munition auf drei Ebenen ablaufen. Zuerst würden die Mitgliedsländer noch Geschosse aus ihren Beständen zur Verfügung stellen, wofür sie insgesamt mit etwa einer Milliarden Euro entschädigt werden. Zudem soll in einer gemeinsamen Aktion neue Munition gekauft werden. „Und schließlich wird die Produktion von Munition angekurbelt“, erklärte Asselborn. Dabei legte der Luxemburger großen Wert auf die Feststellung, dass die Geschosse nicht geliefert werden, um Russland anzugreifen, sondern „damit sich die Ukraine gegen einen Angriff verteidigen kann“.

Berlin will neue Munition beschaffen

Im Fall des Munitionskaufs hat sich offensichtlich Deutschland durchgesetzt. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell selbst hatte vorgeschlagen, die Geschosse über die Europäische Verteidigungsagentur (EDA) zu beschaffen. Nun betonte er in Brüssel, dass eine Initiative unter Federführung eines Mitgliedslandes ebenso möglich sei. „Wenn Deutschland eine Möglichkeit hat, dies zu organisieren, ist es nicht ausgeschlossen“, sagte der Spanier. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte vergangene Woche im Bundestag anklingen lassen, dass er ein nationales Vorgehen bevorzugt. Deutschland sei bereit, „Beschaffungsvorhaben auch für andere Mitgliedsstaaten zu öffnen“. Scholz wird ab Donnerstag zum EU-Gipfel in Brüssel erwartet, der das Munitionspaket abschließend billigen soll.

Russlands Frühjahrsoffensive erlahmt

Nach Aussagen von Diplomaten in Brüssel ist die angekündigte große Frühjahrsoffensive Russlands ausgeblieben, was als deutliche Schwäche Moskaus interpretiert wird. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt die US-Denkfabrik ISW, die davon ausgeht, dass die russischen Angriffe jetzt ihren Höhepunkt erreichen und bald erlahmen. Die Ukraine habe dann gute Aussichten, wieder die militärische Initiative zu bekommen, schrieb das Institute for the Study of War (Institut für Kriegsstudien) in einem am Sonntag veröffentlichen Bericht.

Die laufenden Offensiven in den ersten Monaten 2023 hätten nicht mehr als einige taktische Gewinne erbracht. Russland habe mit der Teilmobilisierung im September zwar 300 000 Soldaten mobilisiert. „Wenn 300 000 russische Soldaten nicht in der Lage waren, Russland eine entscheidende offensive Überlegenheit in der Ukraine zu verschaffen, dann ist es sehr unwahrscheinlich, dass die Mobilisierung zusätzlicher Kräfte in künftigen Mobilisierungswellen in diesem Jahr ein beträchtlich anderes Ergebnis liefert“, schreibt das Institut. „Die Ukraine ist daher in einer guten Position, wieder in die Initiative zu gehen und Gegenoffensiven an kritischen Frontabschnitten zu starten“, fügte es hinzu. Für die geplante Gegenoffensive der Ukraine fehlt allerdings noch die Munition. Im Moment verschießt die Ukraine mehr, als von Europa und den USA nachgeliefert werden kann.

Polen und die Slowakei liefern MiG-29-Jets

Vor allem die osteuropäischen Länder in der EU machen Druck, die Ukraine mit Waffen und Munition zu versorgen. In diesen Tagen hat nach Polen auch die Slowakei angekündigt, Kampfjets vom Typ MiG-29 an die Ukraine abtreten. „Wir werden der Ukraine 13 von unseren MiG-29 übergeben“, sagte der slowakische Ministerpräsident Eduard Heger in Bratislava. Sein Land will der Ukraine zudem das Luftabwehrsystem Kub liefern. Kurz zuvor hatte der polnische Präsident Andrzej Duda angekündigt, „in den kommenden Tagen“ zunächst vier MiG-29-Kampfflugzeuge sowjetischer Bauart an die Ukraine zu übergeben. Kiew hatte seine westlichen Verbündeten wiederholt um moderne Kampfjets gebeten, in der Hoffnung auf F-16-Maschinen aus den USA. Vor allem US-Präsident Joe Biden hat die Lieferung von modernen Kampfjets vom Typ F-16 an die Ukraine allerdings öffentlich abgelehnt.