Claudia Bitzer Foto: Bulgrin

Die fünfte Jahreszeit hat so manche Rathäuser im Kreis im Griff. Aber in Esslingen sitzt der OB fest im Sattel. Claudia Bitzer erklärt, warum er darüber froh sein kann.

Esslingen - Halligalli im Landkreis: Die Straßenfasnet taumelt ihrem Höhepunkt entgegen. Kleiner Tipp, für alle, die sich am Wochenende in Wernau und Neuhausen ins Umzugsgetümmel stürzen wollen und noch kein Kostüm haben: Gehen Sie doch als Le Gurque. Auf Deutsch: die Gurke. So hat die gebürtige Esslingerin Leonie Eißele ihren kompostierbaren Putzschwamm benannt, den sie mit ihrem Freund aus Luffa-Gurken entwickelt hat. Ja, ja, schon gut. Die fünfte Jahreszeit ist nicht nur bitter für die Bürgermeister, die von ihrem närrischen Volk zur Rechenschaft gezogen werden. Sondern auch für all diejenigen im Fußvolk, die mit der kollektiven Narretei, dem mitunter zweifelhaften Humor und dem Guggengenerve nicht viel anfangen können.

In Esslingen werden die Rathausverantwortlichen – OB Jürgen Zieger war in seiner Aachener Jugendzeit immerhin einmal Karnevalsprinz – auch aus anderen Gründen froh sein, dass die Zeit der Rathausstürme und Narrengerichte in der Kreisstadt passé ist. Hätten sie ansonsten doch fest damit rechnen müssen, dass die Anwohner von Rotenacker-, Wieland- und Mülbergerstraße den Rathausplatz gestürmt hätten. Und sich dort vor den Augen des OB mit Umweltaktivisten und der Initiative Esslingen aufs Rad um die autofreie Zone zwischen Neuem und Altem Rathaus gebalgt hätten. Gewissermaßen als Stellvertreterkrieg wegen der neuen Bus- und Radspur, für die die Anwohner künftig auf 60 öffentliche Parkplätze vor ihrer Haustür verzichten müssen.

Geradezu närrisch, dass die Radler-Lobby in diesen Tagen ausgerechnet von der CDU Rückenwind bekommen hat. Denn deren Gemeinderatsfraktion hat bei den Etatberatungen vorgeschlagen, die Mittel für Radwege um 50 000 Euro Euro zu erhöhen. Und dafür den Theodor-Haecker-Preis für politischen Mut und Aufrichtigkeit zu opfern. Damit kürt die CDU die Forderungen der Radler nach dem weiteren Ausbau ihres Wegenetzes gewissermaßen zum Menschenrecht.

Vielleicht sollte man mit Blick auf den rassistisch motivierten Anschlag von Hanau und einer beängstigenden Grundstimmung in zahlreichen sozialen Netzwerken doch lieber den SPD-Vorschlag aufgreifen, den Haecker-Preis umzuwidmen und mit ihm das Eintreten gegen Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und Antisemitismus zu honorieren.