Bei der Starkregen-Katastrophe Anfang Juni wird das Wieslauftal von Wassermassen überflutet. Fast eintausend Haushalte der nordöstlich von Stuttgart gelegenen 11 700-Einwohner-Gemeinde Rudersberg waren betroffen. Nun zieht der Bürgermeister Bilanz.
Drei Wochen nach dem Hochwasser und der Starkregen-Katastrophe zieht die Gemeinde Rudersberg für die öffentlichen Einrichtungen eine erste Schadensbilanz. Bürgermeister Raimon Ahrens schätzt den Gesamtschaden im Gemeindegebiet auf mindestens 120 Millionen Euro. Dabei sind Schäden an der öffentlichen Infrastruktur, bei Gewerbetreibenden und bei privaten Haushalten eingerechnet. Zusätzlich kommen Schäden an der Wieslauftalbahn (rund 20 Millionen Euro) sowie an Landes- und Kreisstraßen hinzu. „Durch das Hochwasser und den Starkregen waren über 1000 Haushalte unserer Gemeinde in verschiedenen Teilorten betroffen“, teilt Ahrens mit. Etwa die Hälfte der öffentlichen Einrichtungen weist Schäden auf, Einrichtungen und Gebäude sind teilweise nicht mehr nutzbar. Die Feuerwehrmagazine in Rudersberg und Schlechtbach wurden überflutet und die dortige Ausrüstung beschädigt oder zerstört.
20 von 29 Brücken beschädigt
In der Ortsmitte Schlechtbach sind mit dem Bürgerhaus, der Grundschule, dem Ortsamt und dem kommunalen Kindergarten praktisch alle öffentlichen Gebäude derzeit nicht mehr nutzbar. In der Wieslaufhalle Rudersberg muss nach der Überflutung der Hallenboden ausgetauscht werden, in der örtlichen Gemeindehalle wurde das Untergeschoss geflutet. Im Ortsteil Michelau hat es die historische Ölmühle samt der Museumsausstellung getroffen. Das dortige Dorfgemeinschaftshaus ist besonders schwer beschädigt. Das Jugendhaus Rudersberg ist erst nach einer Sanierung wieder nutzbar. In den beiden Freibädern in Rudersberg und Steinenberg wurden die Technikräume geflutet und Freibadtechnik zerstört. Beide Bäder sind derzeit geschlossen. Wo sich normalerweise im Jahr bis zu 50 000 Badegäste tummeln, arbeiten aktuell die Sanierungsfirmen.
Mehr als 30 Hangrutschungen
Straßen- und Radwegeverbindungen im gesamten Gemeindegebiet sind erheblich beschädigt oder abgerutscht. Rund 30 Hangrutschungen behindern die Aufräumarbeiten und machen langfristige Sicherungsmaßnahmen notwendig. Einzelne Gebäude sind deshalb aktuell nicht bewohnbar. Von den 29 Brücken im Gemeindegebiet sind 20 beschädigt, zwei Brückenbauwerke sind vollständig zerstört.
„Es wird Jahre dauern, bis wir die Infrastruktur wieder aufgebaut haben. Praktisch alles, von der Kläranlage bis zum Jugendhaus, hat Schaden genommen“, so Ahrens. „Wir werden diese Herausforderung nur mit finanzieller Unterstützung bewältigen können“, so der Rathauschef weiter.
Schaden übersteigt das Haushaltsvolumen
Verschiedene Bundes- und Landespolitiker haben sich nach der Katastrophe ein Bild vor Ort in Rudersberg gemacht. Auf konkrete Zusagen warte die Gemeinde aktuell noch. Ahrens äußert sich aber optimistisch: „Ich bin dankbar, dass sich mehrere Minister und Abgeordnete vor Ort ein Bild gemacht haben und vertraue darauf, dass die Politik ihre Zusagen einhält und wir unsere Gemeinde wieder aufbauen können.“ Der Schaden, welcher abzüglich der Versicherungsleistungen von der Gemeinde zu tragen sei, übersteige das jährliche Haushaltsgesamtvolumen der Gemeinde bei Weitem.
„Alle stehen zusammen“
Trotz der Herausforderungen gebe es auch Zeichen von Optimismus, und der Bürgermeister schöpft aus der aktuellen Stimmung in Rudersberg Mut. Der Zusammenhalt in der Gemeinde sei gut, jeder helfe, wo er könne – in allen Bereichen. „Alle stehen zusammen. Wir spüren ein gutes Miteinander und sind überwältigt von der großen Hilfsbereitschaft und Unterstützung.“