Er lebte für den Handball, und seine Familie lebte seine Leidenschaft mit. Nun ist der Sportwissenschaftler und Trainer Rolf Brack im Alter von 69 Jahren überraschend verstorben. Der Schock sitzt tief, die Trauer ist riesig.
Er pfiff gern auf zwei Fingern, er gestikulierte und trieb seine Mannschaft voller Enthusiasmus nach vorne. In der Hitze des Gefechts sprang er von seiner Trainerbank auf und rutschte auch mal in seiner Jeans auf Knien aufs Spielfeld. Rolf Brack war als Handballcoach die personifizierte Leidenschaft, nie verlor er dabei aber den Respekt vor Gegnern oder Schiedsrichtern. Sein freundliches Lächeln kehrte schnell zurück.
Nun hat sein heißes Herz aufgehört zu schlagen. In der Nacht von Montag auf Dienstag ist er nach einer urologischen Operation überraschend im Alter von 69 Jahren verstorben. Er hinterlässt seine Frau Eva, die beiden Kinder Daniel (42) und Benjamin (39) sowie vier Enkelsöhne. Der Schock sitzt tief, die Trauer ist riesig. Rolf Brack lebte für den Handball, und seine Familie lebte seine große Leidenschaft bedingungslos mit.
„Das schmerzt mich unendlich. Rolf war einer der größten Innovatoren unseres Sports. Er konnte wie kein anderer in der Sache streiten, ohne persönlich zu werden. Er hatte einen unglaublich weichen Kern“, sagte Bob Hanning, Geschäftsführer der Füchse Berlin, der mit der Familie Brack befreundet ist: „Der Handball verliert einen Macher und Eva, Daniel und Benni einen liebevollen Menschen.“
Aufstieg mit kleinen Clubs
Die Handball-Ikone prägte die Sportart in der Region und auch darüber hinaus wie kaum ein anderer. Als Trainer führte er die SG Stuttgart-Scharnhausen (1990) und den TSV Scharnhausen (1993) in die Bundesliga. Das Kunststück, kleine Clubs mit bescheidenen finanziellen Mitteln zu großen Erfolgen zu führen, gelang ihm auch mit dem VfL Pfullingen und dem HBW Balingen-Weilstetten.
Mit Pfullingen schaffte er 2003 den Bundesliga-Aufstieg, mit Balingen im Jahr 2006. Noch bemerkenswerter war es, mit diesen Außenseiterteams drinzubleiben. Nach der Trennung vom HBW im Dezember 2013 übernahm Brack das Amt des Schweizer Nationaltrainers bis 2016. Es folgte von September 2017 bis Juni 2018 das Engagement bei Bundesligist Frisch Auf Göppingen.
Die Trainertätigkeiten führten ihn zuletzt zum HC Erlangen (Februar 2020) und zu den Rimpar Wölfen (2021). Im Januar saß der begeisterte Angler und Fan von schnellen Autos noch gemeinsam mit Markus Baur beim Abschiedsspiel von Martin Strobel in Balingen auf der Bank. Den Frisch-Auf-Trainer erreichte die Nachricht auf der Europapokalreise in Island: „Das ist extrem traurig. Rolf Brack hat Generationen von Trainern und Spielern geprägt, ohne ihn wären viele gar nicht in der Bundesliga angekommen.“
Mentor und erfolgreicher Trainer
Kaum ein Trainer konnte einen reicheren Schatz an Erfahrungen vorweisen als der in Kirn an der Nahe geborene Handball-Professor. Er vermittelte sein Wissen als promovierter und habilitierter Sportwissenschaftler an der Universität Stuttgart nicht nur an studierende Handballer. Noch heute heben renommierte Fußballtrainer wie Ralf Rangnick Brack als Mentor hervor. Auch in der Handballtrainer-Ausbildung setzte Brack Maßstäbe. So gut wie alle Bundesliga-Trainer, auch Bundestrainer Alfred Gislason, legten bei ihm die A-Lizenz-Prüfung ab.
Innovative Methoden
Rolf Brack hat alles gesehen, was es in seinem Sport zu sehen gibt. Doch ausruhen, in alten Mustern verharren, das war nie sein Ding. Er stand wie kein anderer für innovative, bisweilen auch ungewöhnliche Ideen. So setzte er als Erster auf den siebten Feldspieler, spielte auch mal mit drei Kreisläufern. Oder: Er bat seine Mannschaft auf dem Weg zu einem Auswärtsspiel schon mal an einer Tankstelle zu einer Trainingseinheit, damit bloß nicht der Alltag einkehrt. Zu Hause in Scharnhausen saß er bis tief in der Nacht am Rechner. Oft an seiner Seite seine Frau Eva, die ihm immer den Rücken freihielt und auch mitanalysierte. Nicht nur sie wird ihn vermissen – auch die Handballwelt, als Mensch und Experten mit Leidenschaft.