Foto: /Lichtgut/Achim Zweygarth

Rezzo Schlauch war ein Grüner der ersten Stunde. 1996 hatte er gute Chancen auf das Amt des Stuttgarter Oberbürgermeisters. Wie blickt er auf seine Zeit im Bundestag zurück?

Stuttgart - Rezzo Schlauch war ein Grüner der ersten Stunde.1996 hatte er gute Chancen auf das Amt des Stuttgarter OBs.

Was war Ihre größte Niederlage?

Viele kleine Niederlagen gibt es zwangsläufig. Eine richtig große Niederlage kann ich nicht erkennen, was vielleicht auch daran liegt, dass wir von unserer Gründung über zwei Jahrzehnte bis zum Ende der rot-grünen Regierung im Jahre 2005 erfolgreich waren und ich daran im Land und Bund immer an vorderster Linie mit partizipieren durfte.

Was war das bewegendste Erlebnis?

Das waren die zwei Wochen zwischen erstem und zweitem Wahlgang zur Stuttgarter OB-Wahl 1996, in denen ich von einer nie für möglich gehaltenen Sympathiewelle getragen wurde, die mich fast ins Rathaus befördert hat. Das war eine Niederlage, aber die erfolgreichste, die mir je widerfahren ist.

Wer hat Sie am meisten überrascht?

Kanzler Gerhard Schröder, der im Wahlkampf noch großspurig das abfällige Bild von Koch und Kellner gezeichnet hat und in den zwei Legislaturen dann die Koalition auf Augenhöhe mit uns Grünen als kleinerem Partner geführt hat. Was eine Voraussetzung dafür war, dass wir Grüne Weichenstellungen wie die Ökosteuer, die erneuerbaren Energien, den Atomausstieg, die eingetragene Schwulenpartnerschaft oder auch die Reform des antiquierten Staatsbürgerschaftsrechts oft gegen heftige Widerstände durchsetzen konnten. Ich wünsche den jetzigen Grünen, dass sie ähnlich erfolgreich die großen Herausforderungen in Sachen Klimaschutz und Transformation der Industrie in einer Regierung vorantreiben können.

Was hat Ihnen gar nicht gefallen?

Ellenlange nervtötende Sitzungen und eine politische Kultur, in der die Frage des Gesichtsverlustes von Führungspersonen oft wichtiger ist als ein gutes Ergebnis.

Rezzo Schlauch, Jahrgang 1947, ist seit 1980 Mitglied der Grünen. Er saß von 1994 bis 2005 im Bundestag.