Auch in Toulouse eskalierten die Streiks. Am Rande einer Demonstration wurden Feuer entzündet. Foto: dpa/Charly Triballeau

Nachdem Präsident Macron am Montag die umstrittene Rentenreform verabschiedet hatte, reißen in Frankreich die Proteste nicht ab. Immer wieder kam es dabei zu Ausschreitungen, neue Demonstrationen sind bereits angekündigt.

Schon vor der Verabschiedung der Reform waren die Franzosen wochenlang zahlreich auf die Straße gegangen, machten mit Warnstreiks Druck. Die anfangs friedlich verlaufenden Proteste eskalierten nach der Verabschiedung der Rentenreform am Montag zunehmend, vermehrt kam es zu Gewalt.

Bei den gewaltsamen Protesten wurden landesweit 457 Menschen festgenommen, wie Frankreichs Innenminister Gérald Darmanin am Freitagmorgen im Sender CNews sagte. Etwa 440 Polizisten und Gendarmen seien am Vortag und in der Nacht verletzt worden.

Feuer am Rathaus von Bordeaux

Für Donnerstag hatten Gewerkschaften erneut zu einem Großstreiktag und Demonstrationen aufgerufen. Die Stimmung war in einigen Städten bereits tagsüber angespannt. Darmanin zufolge wurden mehrere öffentliche Gebäude angegriffen. Am Rande einer Demonstration im südfranzösischen Bordeaux gab es am Donnerstagabend ein Feuer am Eingangsbereich des Rathauses. Laut einer Sprecherin der örtlichen Präfektur sei das Portal eines Säulengangs, das zum Vorhof des Rathauses führe, beschädigt worden. Ein Mann sei festgenommen worden. Premierministerin Élisabeth Borne nannte die Gewalt und Beschädigungen inakzeptabel.

Die Proteste richten sich gegen die schrittweise Anhebung des Renteneintrittsalters von 62 auf 64 Jahre und das Vorgehen der Mitte-Regierung unter Präsident Emmanuel Macron. Laut Behörden demonstrierten am Donnerstag landesweit knapp 1,09 Millionen Menschen. Die Gewerkschaft CGT sprach von 3,5 Millionen Beteiligten. Bereits seit Jahresanfang wird gegen die Rentenreform demonstriert.

Verfassungsrat prüft Rentenreform

Seit die Regierung die umstrittene Reform vergangene Woche ohne Abstimmung durch die Nationalversammlung gedrückt hat, kommt es vermehrt zu Gewalt – vor allem bei spontanen Protesten. Demonstranten hatten ihrerseits der Polizei Gewalt vorgeworfen. Die Rentenreform gilt als eines der zentralen Vorhaben von Präsident Macron. Mit ihr soll ein drohendes Loch in der Rentenkasse abgewendet werden. Die Gewerkschaften halten das Projekt für ungerecht und brutal.

Derzeit liegt das Renteneintrittsalter in Frankreich bei 62 Jahren. Tatsächlich beginnt der Ruhestand im Schnitt später: Wer für eine volle Rente nicht lange genug eingezahlt hat, arbeitet länger. Mit 67 gibt es dann unabhängig von der Einzahldauer Rente ohne Abschlag – dies will die Regierung beibehalten, auch wenn die Zahl der nötigen Einzahljahre für eine volle Rente schneller steigen soll. Die monatliche Mindestrente will sie auf etwa 1200 Euro hochsetzen.

Besuch von König Charles III. verschoben

Der Text ist verabschiedet, liegt zur Prüfung aber beim Verfassungsrat. Noch steht nicht fest, wann die Instanz über die Reform entscheidet. Macron will, dass sie bis zum Jahresende in Kraft tritt. Der Streit um die Reform hat nicht nur das französische Volk verärgert, sondern auch die Regierung erheblich geschwächt. Für Dienstag haben die Gewerkschaften zu neuen landesweiten Streiks und Protesten aufgerufen.

Eigentlich sollte der britische König Charles III. dann zu Besuch in Frankreich sein. Wie der Élysée am Freitag aber mitteilt, wird dieser Besuch aufgrund der Proteste nun verschoben – auf wann, blieb vorerst offen.