Drei Prozesse an drei Oberlandesgerichten sollen schnelle Urteile gewährleisten. Angeklagt sind unter anderem eine Ex-Bundestagsabgeordnete und ein früherer Oberstleutnant.
An diesem Dienstag beginnt in Frankfurt der wichtigste der drei Prozesse gegen die Verschwörer-Gruppe um Heinrich XIII. Prinz Reuß. Angeklagt sind am Frankfurter Oberlandesgericht die neun Rädelsführer des geplanten Staatsstreichs.
Die Bundesanwaltschaft hat insgesamt 26 Personen angeklagt. Ihnen wird vorgeworfen, dass sie mithilfe ausländischer Truppen in Deutschland die Macht übernehmen wollten. Staatsoberhaupt sollte der Hamburger Immobilienunternehmer Reuß werden. Bei dem geplanten Umsturz sollten laut Anklage auch politische Gegner getötet werden. Strafrechtlich wird den Angeklagten „Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens“ und Bildung einer „terroristischen Vereinigung“ vorgeworfen. Fast alle Angeklagten wurden im Februar 2022 verhaftet und sitzen in Untersuchungshaft.
Von Abgeordneter bis Astrologin
In Frankfurt sind die Mitglieder der Führungsgruppe, des sogenannten Rats der Gruppierung, angeklagt. Neben Reuß gehört dazu die ehemalige AfD-Bundestagsabgeordnete Birgit Malsack-Winkemann, die nach dem Umsturz Justizministerin werden sollte. Als Chef des militärischen Arms der Gruppe ist in Frankfurt auch Rüdiger von Pescatore angeklagt, ein ehemaliger Oberstleutnant der Bundeswehr.
Gegen neun andere Mitglieder des militärischen Arms wird bereits seit Ende April am Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart verhandelt. Dort geht es vor allem um den Plan, dass 286 Heimatschutzgruppen Deutschland nach der Machtübernahme kontrollieren und Widerstand ausschalten sollten.
Ein dritter Prozess wird am 18. Juni vor dem Oberlandesgericht München beginnen. In München wird gegen die übrigen acht Angeklagten verhandelt, unter anderen gegen die Heppenheimer Astrologin Ruth Leiding.
Ungewöhnliche Prozessstruktur
Dass gegen die Gruppe in drei Prozessen an drei verschiedenen OLGs verhandelt wird, hat die Karlsruher Bundesanwaltschaft entschieden. So sollte es schneller zu Urteilen kommen und auch genug Platz für alle Verfahrensbeteiligten sein. In Frankfurt musste dennoch eine provisorische Halle am Stadtrand gebaut werden, weil kein ausreichend großer Sitzungssaal zur Verfügung stand.
Drei parallele Prozesse gegen eine bisher unbekannte Terrorgruppe, das gab es in Deutschland noch nie. Nun müssen in allen drei Verfahren neben der Tatbeteiligung und Einbindung der jeweiligen Angeklagten immer auch die Existenz und die Ziele der hochverräterischen Gruppe festgestellt werden. Dabei entscheidet jedes OLG unabhängig für sich. Laut Anklage ist die Gruppe um Reuß zwar von der „Reichsbürger“-Ideologie beeinflusst, wonach die Bundesrepublik Deutschland als Staat gar nicht rechtmäßig existiere. Die Mitglieder hingen aber auch anderen gefährlichen Mythen an wie der aus den USA stammenden QAnon-Ideologie.
Um die Macht in Deutschland zu übernehmen, hofften die Umstürzler auf eine (frei erfundene) „Allianz“ aus mächtigen Staaten, zu denen Russland und die USA gehören sollen. Diese Allianz sei bereit, die deutschen Eliten auszuschalten, und werde das Signal zum Losschlagen geben. Konkret Kontakt suchte Prinz Reuß allerdings nur zu russischen Stellen. Der Prozess in Frankfurt ist zunächst auf 48 Verhandlungstage bis zum Januar 2025 terminiert.