Die Verfügbarkeit an Rädern hat sich verbessert, dennoch ist für einige Städte und Kommunen der Ausstieg aus dem Vertrag ein realistisches Szenario. Foto: Gottfried Stoppel

Hohe Kosten, sinkende Ausleihzahlen. Die Erfahrungen der Städte und Kommunen im Landkreis mit dem Verleihsystem Regio-Rad sind durchwachsen. Einige wollen weitermachen, andere planen bereits den Ausstieg. Ein Überblick.

Das Radverleih-System der DB Connect wächst. Laut dem Projektverantwortlichen Ralf Maier-Geisser wird ein Ausbau auf über 290 Stationen angestrebt. Stationen in Korb, Rudersberg, Schwaikheim und Welzheim sollen zeitnah errichtet werden. Doch es gibt auch Kritik wegen kaputter Räder, schlechtem Service und sinkenden Ausleihzahlen. Wie berichtet ist Weinstadt bereits aus dem Vertrag ausgestiegen. In Backnang entscheiden die Stadträte in ihrer Sitzung am 20. April, ob und wie es mit Regio-Rad in ihrer Stadt weitergehen soll. Wir haben uns bei den anderen Kommunen im Landkreis umgehört, wie deren Erfahrungen in Bezug auf das Verleihsystem aussehen und ob sie dabeibleiben wollen.

In Fellbach sind seit 2016 am Bahnhof Leih-Pedelecs verfügbar. 2018 wurde das System auf Regio-Rad umgestellt und im Jahr 2021 eine Ergänzungsstation in der Stadtmitte eingerichtet. „Damit sind nun auch innerkommunale Fahrten möglich“, sagt Birgit Orner, Stabsstelle Radmobilität der Stadt Fellbach. Fellbach war mit zehn Leih-Pedelecs und 640 Ausleihen pro Jahr gestartet. 2017 bis 2020 gingen die Ausleihen auf jeweils rund 300 Entleihen pro Jahr zurück. Mit der Corona-Pandemie, verstärktem Homeoffice und Rückgang der Pendlerzahlen kam es 2021 auf nur 220 Entleihen, sagt Orner. Durch die Ergänzungsstation in der Stadtmitte konnte für 2022 ein Wert von 370 Ausleihen erreicht werden.

Die Stabsstelle Radmobilität Fellbach stehe seit Herbst 2022 direkt mit der DB Connect in Kontakt, um die Verfügbarkeit der Räder zu verbessern und das Service-Intervall zu optimieren. Die Situation habe sich 2023 wieder verbessert. Orner: „Ein Ausstieg aus dem System Regio-Rad Stuttgart ist in Fellbach derzeit nicht geplant.“ Die Kosten für die zwei Regio-Rad-Stationen betrugen jährlich für die Stadt Fellbach rund 16 500 Euro. Davon trägt 4000 Euro trägt der Verband Region Stuttgart über das Förderprogramm „zwei für eine“. Weitere Stationen soll es in Fellbach derzeit nicht geben.

Die Stadt Waiblingen nutzt seit März 2019 das Regio-Rad-System. Der Start erfolgte mit der E-Bike-Station am Bahnhof Waiblingen mit zehn Pedelecs und fünf Fahrrädern. Im Juni 2021 wurden drei weitere Stationen mit jeweils fünf Pedelecs errichtet und in Betrieb genommen. Während in den Anfangsjahren zunehmend Räder ausgeliehen wurden und von 262 auf 448 Ausleihen anstiegen, sanken sie im vergangenen Jahr auf 270 Ausleihen. „Leider war das Jahr 2022 durch Probleme beim Betreiber geprägt“, teilt Thomas Schaal, Geschäftsführer der Parkierungsgesellschaft Waiblingen, mit. Durch Vandalismus hätten nicht immer genug fahrbereite Pedelecs zur Verfügung gestanden. Auch die rechtzeitige Verteilung der verfügbaren Räder an die Stationen konnte 2022 vom Betreiber aufgrund von fehlendem Personal nicht in der vereinbarten Qualität geleistet werden. „Leider war das Jahr 2021 von Corona geprägt und 2022 aufgrund der geschilderten Probleme ebenfalls kein Jahr mit Normalbetrieb.“ Insofern sei eine Erfolgsbewertung schwer möglich. „In 2023 hoffen wir darauf, dass die Probleme überwunden werden und seitens des Betreibers eine geordnete Bereitstellung funktionstüchtiger Räder erfolgt“, sagt Schaal. Es gebe daher derzeit keine Überlegungen auszusteigen. Ein weiterer Ausbau steht im Moment ebenfalls nicht zur Diskussion.

In Schorndorf besteht das Regio-Rad-Angebot seit Mai 2019. Die einzige Station gibt es am Karlsplatz mit sechs Pedelecs und zwei Fahrrädern. „Dort stehen zur Zeit ausreichend Räder zur Verfügung“, teilt Stadtsprecherin Claudia Lösler mit. Sachbeschädigungen an Rädern spielten keine Rolle, auch sei die Station während der Gartenschauzeit rege angenommen worden. Danach sanken die Ausleihzahlen. „Grundsätzlich begrüßen wir Radentleihstationen, da sie ein wichtiger Baustein auf der sogenannten letzten Meile sein können, um nachhaltige Mobilitätsformen miteinander zu verbinden.“ Voraussetzung hierfür sei jedoch ein engmaschiges Entleihnetz, „welches technisch zuverlässig ist und genügend Räder zur Verfügung stellt“. Schorndorf werde allerdings zum Oktober 2023 aus dem Vertrag aussteigen.

Auch die benachbarte Gemeinde Winterbach beabsichtigt den Vertrag zu kündigen. Hauptgrund sei auch hier der starke Rückgang der Ausleihzahlen, erklärt Hauptamtsleiter Marcel Zimmer. Es gibt eine Station im Ort mit fünf Ausleihstellen. „Die Kosten für die Gemeinde stehen in keinem Verhältnis zu den aktuellen Nutzerzahlen. Insbesondere, da die umliegenden Kommunen den Service ebenfalls nicht mehr anbieten.“ Konkrete Zahlen nannte Zimmer nicht.

Seit Mitte 2018 besteht eine Verleihstation am Bahnhof in Rommelshausen, seit Mai 2019 eine weitere im Ortszentrum Stetten. Insgesamt stehen acht Bikes zur Ausleihe bereit. Die Ausleihzahlen seien laut Verwaltungssprecherin Susanne Herrmann fast gleichbleibend über die Jahre. Aktuell gebe es 55 Entleihen in Rommelshausen und 39 Entleihen in Stetten. Vandalismus-Schäden seien dort nicht bekannt. „Derzeit steht weder ein Ausbau, noch eine Einstellung des Angebots im Raum“, erklärt Herrmann. „Wir werden die Entwicklung weiter verfolgen.“

In Urbach ist man ebenfalls seit dem Jahr 2018 mit dabei jedoch mit der Entwicklung nicht zufrieden, wie Hauptamtsleiter Achim Grockenberger mitteilt: „Die Ausleihzahlen haben sich nach 2019, als die Remstal Gartenschau stattfand und die meisten Pedelec-Leihen zu touristischen Zwecken genutzt wurden, kontinuierlich nach unten bewegt.“ Von 85 Ausleihen im Jahr 2019 auf zuletzt nur 25 im Jahr 2022. „Die Kosten für die Station und die fünf Pedelecs betragen pro Jahr rund 6500 brutto.“ Zwar sei die Möglichkeit der Anschlussmobilität am Zughaltepunkt Urbach positiv. „Das Interesse an der Leihe der Fahrräder ist in Urbach sowohl im Pendler- als auch im Tourismusverkehr leider gering.“ Offensichtlich leisteten sich viele Pendler ein eigenes Fahrrad/Pedelec, das am Urbacher Bahnhof in den dortigen abschließbaren Fahrradboxen diebstahl- und vandalismussicher abgestellt werden könne. „Touristische Nutzungen haben nach der Gartenschau leider abgenommen.“

Das an und für sich tolle Angebot, hier Pedelecs zu entleihen und an einer anderen Station von Regio-Rad abzustellen, finde leider auch immer weniger Anklang. Ende des Jahres soll deshalb in Urbach Schluss sein, sagt der Amtsleiter: „Die Verwaltung wird dem Gemeinderat vorschlagen, das von Regio-Rad Stuttgart angebotene Sonderkündigungsrecht zum 31. Oktober 2023 wahrzunehmen.“ Es sei „nicht vermittelbar, dass die Kommune für 25 Leihfälle 6500 Euro pro Jahr ausgibt“. Das entspricht einem Kostenaufwand von 260 pro Ausleihfall.

Leutenbach und Winnenden sind erst relativ spät, nämlich im Mai des vergangenen Jahres, zur Regio-Rad-Familie dazugestoßen und haben sich für eine gemeinsame Doppel-Rad-Station entschieden. Sie wurde am Löwenplatz in Leutenbach und am Bahnhof in Winnenden eröffnet. Es stünden dauerhaft Fahrräder und Pedelecs zum Ausleihen bereit. Aktuell seien keine weiteren in Planung, teilt Stadtsprecherin Franziska Götz mit: „Die Annahme des Angebots ist bisher noch sehr zurückhaltend, bedingt durch Vandalismus und mangelhaften Service. „Wir gehen davon aus, dass die Nutzung der Radstation sich im Laufe der nächsten Monate verbessert“, sagt Götz. „Eine Kündigung ziehen wir daher momentan nicht in Betracht, wir sind jedoch in der Phase verschärfter Beobachtung.“