Walter Feeß hat die Leitung der Kirchheimer Recyclingfirma an seine Kinder weitergegeben. Die setzen weiter auf Nachhaltigkeit, auch auf neuen Betätigungsfeldern.
Walter Feeß ist ein Pionier der Kreislaufwirtschaft – und Überzeugungstäter. Sein Credo: „Damit kommende Generationen auch noch eine lebenswerte Zukunft haben, braucht es mehr Wiederverwertung.“ Der Mittelständler steht vor seinem Recyclingpark für Bauschutt im Kirchheimer Gewerbegebiet Rebailen. Jetzt hat er zu seinem 70. Geburtstag die Firma an seine drei Kinder übergeben: Nadine Winter sowie Alexander und Benjamin Feeß. Als vierter Geschäftsführer ist Jochen Röhrer im Boot.
Den Betrieb gibt es seit 1951. Gegründet haben ihn Walter Feeß’ Eltern als Fuhrunternehmen. Feeß stieg 1995 als geschäftsführender Gesellschafter ein und erweiterte das Portfolio um Segmente wie Erdbau, Abbruch, Recycling und Schulung. Aus den 30 Mitarbeitenden sind mittlerweile 300 geworden.
Er habe lange überlegt, wie er die Nachfolge regeln solle, sagt Feeß, der sich nicht ganz zurückzieht, sondern als Prokurist weiter mit dabei ist und das Kompetenzzentrum für Kreislaufwirtschaft und den Recyclingpark leitet. Letztlich wurden alle Kinder mit gleich vielen Geschäftsanteilen bedacht. „Wir wollten, Chancengleichheit für die nächste Generation“, sagt Benjamin Feeß, mit 35 Jahren der Jüngste der drei Geschwister. Neun Enkelkinder hat Walter Feeß.
Nachhaltigkeit ist bei Feeß wichtig, bei der Generationennachfolge ebenso wie beim Recycling. „Wir müssen weltweit mehr verwerten und weniger verschwenden. Und das ist ein riesiger Kampf, wenn man viele Gegner hat“, sagt der Träger des Deutschen Umweltpreises von 2016. Aber auf lange Sicht werde es sich auszahlen, ist Walter Feeß überzeugt. Er macht Mineralien für Beton wieder verfügbar. Schon 2010 entdeckte er den recycelten Beton (R-Beton) für sich. Damals schaute er sich in Zürich mehrere Gebäude aus recyceltem Bauschutt an. Im selben Jahr erhielt er den Zuschlag, als Lieferant von R-Beton am ersten Pilotprojekt in Baden-Württemberg mit 108 Wohnungen in Stuttgart mitzuwirken. Er eröffnete den Wertstoffhof Rebailen, um Erdaushub und Bauschutt zu reinigen.
Während der Recyclingpark 2025/26 ausgebaut werden soll, soll ein anderes Projekt bereits in zwei Monaten an den Start gehen: Feeß will flüssiges CO2 aus einer Biogasanlage in zementhaltiges Recyclingmaterial in geschlossenen Containern eindampfen. Das Mineral, das beim Herstellen von Zement zuvor Kohlendioxid freisetzt, wird dann in R-Beton oder Frostschutzmittel gebunden. Es sei nach Berlin die zweite Anlage in Deutschland. Noch werde es sich nicht rechnen, da es bislang keine gesetzlichen Vorgaben gebe, karbonisierten R-Beton zu verwenden. Pionierarbeit müsse man sich leisten können. Es gehe ihm nicht um Gewinnmaximierung, sondern um Nachhaltigkeit und den Erhalt der Arbeitsplätze.
Nach Jahren des Wachstums wollen die Nachfolger den Betrieb konsolidieren, stärker digitalisieren und diversifizieren, um das Risiko zu streuen, sagt Benjamin Feeß. Die Baubranche habe derzeit einen Anteil von 80 Prozent am Gesamtumsatz, doch seit rund einem Jahr habe sich durch Rezession, Inflation und Staatsverschuldung die Lage verschlechtert. „Wir halten Augen und Ohren offen, und wenn wir etwas Interessantes sehen, dann gucken und überlegen wir gemeinsam, ob es reinpasst“, sagt Feeß junior. An Ideen mangele es ihnen nicht, aber man brauche auch die passenden Mitarbeiter. Engagiert, leidenschaftlich und mit Spaß an der Arbeit: So wollen die neuen Geschäftsführenden Vorbild sein – so wie sie es von Walter Feeß vorgelebt bekommen haben.