Die am Samstag abgebrannte Messstation am Neckartor. Foto: dpa - dpa

Aus Sicht der CDU im Stuttgarter Gemeinderat steht die Messstation am Neckartor an der falschen Stelle. Und auch der OB hadert neuerdings mit dem Standort.

StuttgartDas Land hat Klägern in einem Vergleich vor dem Verwaltungsgericht eine Busspur bei der Schadstoffmessstation am Neckartor oder ein zeitweises Euro-5-Dieselfahrverbot dort zugestanden. In der Debatte im Umweltausschuss lehnte OB Fritz Kuhn (Grüne) die Busspur jetzt ab. Sie führe zu Staus, die auch Busse der Stuttgarter Straßenbahnen blockierten. Wenn es dem Land nur darum gehe, zwischen Messstation und Fahrbahn ein paar Meter Luft zu bringen, dann, so Kuhn, „kann man das Gerät auch in die Heilmannstraße versetzen, dann brauchen wir den Zinnober nicht“.

Das Land hat den Klägern 20 Prozent weniger Verkehrsmenge zugesagt. Christoph Erdmenger, Abteilungsleiter für nachhaltige Mobilität im Verkehrsministerium, erläuterte, dass man von der Busspur laut Gutachten in der Spitzenzeit eine Verdrängung von 3610 Autos erwarte. Die Fahrer würden sich andere Strecken suchen, dort seien keine Überschreitungen des Stickstoffdioxidgrenzwerts zu erwarten. Wenn auf der Busspur das Rechtsabbiegen in die Neckarstraße erlaubt würde, würde der Stau bis zum Gebhard-Müller-Platz reichen. Die Landesregierung wolle einen dreimonatigen Test.

Erdmenger sagte auch, dass die Landesregierung den Stickstoffdioxid-Jahreswert der Dauermessstelle am Neckartor (71 Mikrogramm) aus dem Jahr 2018 für nicht mehr repräsentativ erachte, weil er sich zu stark von umliegenden Messwerten unterscheide. Grüne und SÖS/Linke-plus plädierten für den Versuch. Sie sehen die Chance auf einen Rückgang der Automenge. Die Versuchsgegner lieferten sich einen „Überbietungswettkampf darum, wer Dieselfahrer besser in der Komfortzone parken kann“, so Christoph Ozasek (Linke). Die anderen Fraktionen wenden sich gegen die Spur, die am Wulle-Steg beginnen und an der Schwabengarage in die bestehende Busspur münden soll. Sie sei „gröbster Unfug“, so SPD-Chef Martin Körner. In den angrenzenden Straßen wohnten mehr Menschen als am Neckartor, sagte CDU-Chef Alexander Kotz. Die Messstellen-Aussage Erdmengers sei „historisch“, so Kotz, der beantragte, die Anlage abzubauen. Darüber kann die Stadt aber nicht bestimmen.

Maßnahmen zeigen Wirkung

Indes wird die grün-schwarze Landesregierung im Jahr 2020 für Stuttgart voraussichtlich kein flächendeckendes Fahrverbot für Euro-5-Diesel verhängen. Gründe sind die Verbesserung der Luftqualität durch das seit Januar und April in Stufen umgesetzte Dieselfahrverbot bis einschließlich Euro 4, Softwarenachrüstungen, die Erneuerung der Fahrzeugflotte und die Wirkung der VVS-Tarifreform, für die alle Partner 40 Millionen Euro pro Jahr einsetzen. Das Bundesverwaltungsgericht hatte das flächendeckende Verbot für Euro-5-Diesel in seinem Grundsatzurteil von Februar 2018 vorgegeben. Es dürfe aus Gründen der Verhältnismäßigkeit – die Autos sind noch vergleichsweise jung – aber nicht vor September 2019 eingeführt werden, schrieben die Leipziger Richter.

Die Landesregierung erkennt nach dem Dieselverbot bis einschließlich Euro 4 eine neue Lage und stützt sich auf das neue, vom Verkehrministerium in Auftrag gegebene Wirkungsgutachten. Die Gutachter haben ermittelt, dass die inzwischen ergriffenen Maßnahmen bis Ende 2019 zu einer deutlichen Abnahme der Streckenlänge führen werde, an denen der EU-Grenzwert von 40 Mikrogramm Stickstoffdioxid pro Kubikmeter Luft überschritten sein wird. Die Strecken mit dieser starken Belastung werden von bisher 44 Kilometer auf noch 14 Kilometer zurückgehen. Allerdings, so die Gutachter, wird es weiterhin Stellen in der Stadt mit einer höheren Schadstofflast geben.

Ministerpräsident Winfried Kretschmann sagte: „Das ist eine sehr gute Nachricht für alle Euro-5-Fahrer.“ Die Luftverbesserung sei auch den Fahrverboten für Euro-4-Diesel zu verdanken. Die Frage, ob auch diese aufgehoben werden können, wollte der Grünen-Politiker aber nicht beantworten. Man müsse erst schauen, wie sich die Messewerte entwickeln.