Die Aufregung um Faschingsfiguren auf Berlinern in einer Heilbronner Bäckerei zeigt, wie sehr die Fronten in der Gesellschaft verhärtet sind, kommentiert Florian Dürr.
Sind die Berliner der Heilbronner Bäckerei Herrmann mit Darstellungen schwarzer und indigener Menschen nun rassistisch oder nicht? Wer hofft, dass diese Frage hier eindeutig beantwortet wird, der irrt. Die große Aufregung um die Faschingsfiguren auf dem Süßgebäck zeigt vor allem, wie sehr die Fronten in der Gesellschaft mittlerweile verhärtet sind. Und mit welcher Vehemenz jeder auf seine eigene Wahrhaftigkeit pocht.
Die einen wittern hinter jeder Tür die nächste Diskriminierung, die anderen verfolgt die blanke Angst, dass bald gar nichts mehr erlaubt ist. Und weil es scheinbar nur noch Schwarz und Weiß gibt – und kein Grau mehr – fliegen zwischen den beiden Gruppen statt sachlicher Argumente Beleidigungen. Jeder beansprucht für sich, absolut auf der richtigen Seite zu stehen.
Dass diese Entwicklung fatal für unsere Demokratie ist, liegt auf der Hand. Noch mag das in einem harmlosen Rahmen geschehen: Es geht immerhin nur um Berliner in einer Heilbronner Bäckerei. Doch selbst dieser vermeintlich kleine Fall zeigt, dass die Gesellschaft mehr denn je in der Pflicht ist, wieder richtig streiten zu lernen, andere Meinungen auszuhalten, aufeinander zuzugehen. Diese Fähigkeit kommt dann auch wichtigeren Themen zugute. Denn Diskussionen sind unabdingbar – auch über Faschingsberliner in einer Bäckerei. Schon Helmut Schmidt stellte fest: „Eine Demokratie, in der nicht gestritten wird, ist keine.“