Inzwischen steht fest: Der Schutzstreifen für Radfahrer auf der Kaltentaler Abfahrt bleibt. Grundlage ist eine Befragung mit mehr als 2000 Teilnehmern.
Es ist mittlerweile drei Jahre her, dass auf der Böblinger Straße in Stuttgart-Kaltental ein abgetrennter Fahrradstreifen eingerichtet wurde. Das Ganze war als Versuch angelegt, um die Sicherheit von Radfahrern gegenüber dem Autoverkehr zu erhöhen. Lange war unklar, wie es mit dem Projekt weitergeht. Nach Abschluss einer Bürgerbefragung steht fest: Der Radstreifen bleibt – aber die Probleme auch.
Etwas mehr als 2000 Menschen haben an der Befragung teilgenommen. Eine deutliche Mehrheit davon sieht die eigene Spur für Radfahrer auf der 600 Meter langen Strecke zwischen den Stadtbahnhaltestellen Kaltental und Waldeck als positiv an. Vor allem diejenigen, die selbst Rad fahren, geben an, dass sich die Sicherheit für den Radverkehr seit dem Start des Versuchs verbessert habe.
Immer mehr Radfahrer unterwegs
Das lässt sich auch faktisch belegen: Vor der Einrichtung des Radfahrstreifens hatte ein Team der Hochschule Karlsruhe im Mai und Juli 2021 die Überholabstände an der Böblinger Straße gemessen. Dabei kam heraus, dass vor allem in Fahrtrichtung Vaihingen der gesetzlich vorgeschriebene Mindestabstand von 1,50 Meter nur selten eingehalten wurde. Eine Messung des ADFC Stuttgart ergab, dass Radfahrer nach Einrichtung der Radspur mit durchschnittlich rund 2,40 Metern Abstand überholt werden – zuvor waren es laut ADFC durchschnittlich 75 Zentimeter gewesen.
Die Zahl der Radfahrenden an der Böblinger Straße hat sich seit Einrichtung der Maßnahme erhöht. Das zeigt die Auswertung der städtischen Fahrradzählstelle an der Stadtbahnhaltestelle Waldeck. Von rund 417 000 Radfahrern im Jahr 2022 ist die Zahl bis 2024 auf etwas mehr als 445 000 gestiegen. „Der Grundsatz: gute und sichere Radinfrastruktur führt zu mehr Radverkehr, bestätigt sich damit“, heißt es in der städtischen Auswertung der Befragung.
Das konservative Lager stimmt zu
Im Gemeinderat ist man größtenteils zufrieden. „Der Mut, das Projekt 2022 nach langen Diskussionen anzugehen, hat sich ausgezahlt“, sagt die SPD-Stadträtin Lucia Schanbacher unlängst im Ausschuss für Stadtentwicklung und Technik. „Die Situation hat sich spürbar verbessert.“ Das sehen die meisten der übrigen Ausschussmitglieder ähnlich, auch die im konservativen Lager. „Für Autofahrer ist der Radstreifen auf der Strecke bergauf nach Vaihingen ebenfalls eine Verbesserung“, erklärt etwa Michael Schrade (Freie Wähler). „Der Verkehrsdruck hat deutlich abgenommen, seit man nicht mehr hinter den Radlern herfahren muss.“
Doch es gibt ein großes Aber, und auch das geht aus der Evaluation hervor. Denn die Anwohner und Gewerbetreibenden, die an der Befragung teilgenommen haben, sind eher unzufrieden mit der Lösung in Kaltental. Das liegt vor allem daran, dass bei Einrichtung der Fahrradspur rund 100 Parkplätze weggefallen sind. Die Anwohner geben an, nun deutlich mehr Probleme bei der Parkplatzsuche zu haben. Mehrere Gewerbetreibende haben der Stadt darüber hinaus zurückgemeldet, dass die Kundenanzahl seit Einrichtung des Radfahrstreifens zurückgegangen sei.
„Es ist in der Böblinger Straße keine Win-Win-Situation“, stellt der CDU-Stadtrat Alexander Kotz im Ausschuss fest und erwartet konkrete Verbesserungsvorschläge von Seiten der Stadt. „Für die vielen positiven Aspekte müssen wir das aushalten“, hält Lucia Schanbacher dagegen. Bei der Stadt sei man sich der Problematik bewusst, versichert Rainer Wallisch vom Amt für Stadtplanung: „Die Spur bleibt, aber das Thema ist noch nicht durch.“