Schwieriges Terrain für Radler: Der Flughafentunnel Foto: Ines Rudel

Die Situation für Radfahrer rund um den Flughafen Stuttgart ist verbesserungsbedürftig. Ist die Sperrung des Flughafentunnels für den Autoverkehr ein Teil der Lösung? Ein Pro und Contra von Alexandra Kratz und Christian Milankovic.

Der Flughafen Stuttgart ist für Radfahrer nur schwer zu passieren. Entweder nehmen sie einen langen Umweg auf sich oder quälen sich durch den Flughafentunnel zwischen Filderstadt-Bernhausen und Stuttgart-Plieningen auf einem Weg, der dafür eigentlich viel zu schmal ist. Landesverkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) lässt nun prüfen, ob man der Tunnel, durch den heute die Bundesstraße 312 verläuft, ganz oder teilweise für den Autoverkehr sperren kann. Was spricht dafür, was dagegen: ein Pro und Contra.

Pro: Mutiger Vorstoß

Extremwetterereignisse wie lange Hitzeperioden und Starkregen: Nicht zuletzt auf der Filderebene mit ihren fruchtbaren Böden waren diese Auswirkungen des Klimawandels in den vergangenen Jahren immer wieder zu sehen und zu spüren. Autos und ihre klimaschädlichen Emissionen haben einen erheblichen Anteil daran. Darum ist die Verkehrswende so wichtig. Und alle Städte rund um den Flughafen propagieren sie, sei es Filderstadt, Leinfelden-Echterdingen und nicht zuletzt die Landeshauptstadt Stuttgart. Das Fahrrad ist dabei ein wichtiger Baustein. Doch um mehr Menschen für den Drahtesel zu begeistern, braucht es attraktive Radwege.

Da passt der Flughafentunnel ganz und gar nicht ins Bild. Auf der Straße zu fahren, ist verboten, und wäre in dem engen Bauwerk potenziell auch viel zu gefährlich, daran würde auch Tempo 30 nicht viel ändern. Also werden die Pedaleure auf den viel zu engen Geh- und Radweg gezwungen, wo nicht einmal zwei Räder aneinander vorbeikommen. Oder aber man fährt einen Umweg von etwa fünf Kilometern. Ein solcher Affront gegenüber Radfahrern und auch Fußgängern zugunsten der Autofahrer ist heutzutage schlichtweg nicht mehr zeitgemäß.

Richtig, wenn der Flughafentunnel für Autofahrer gesperrt werden würde, müssten diese dann Umwege in Kauf nehmen. Allerdings sind fünf zusätzliche Kilometer mit dem Auto schneller absolviert als mit dem Fahrrad. Wichtig ist aber, dass eine Tunnelsperrung nicht zu noch mehr Schleichverkehr durch die Ortsmitten führt und Anwohner nicht noch mehr durch Lärm und Abgase belastet werden. Der Verkehr muss auf den großen und bereits bestehenden Straßen gebündelt werden. Hierfür gilt es, kluge Konzepte zu finden.

Contra: Abwegige Gedankenspiele

Man kann Landesverkehrsminister Winfried Hermann nicht vorwerfen, gedanklich ausschließlich auf ausgetretenen Pfaden unterwegs zu sein. Der in der Geschichte des Landes am längste amtierende Minister im Verkehrsressort überrascht immer wieder mit unkonventionellen Ansätzen. In diese Kategorie fällt auch der jüngste Vorstoß zur Verbesserung des Radwegnetzes auf den Fildern, dem der Flughafentunnel bei Filderstadt-Bernhausen als Verbindung für Autos zumindest in Teilen zum Opfer fallen könnte. Ob das abwegige Gedankenspiel ausgegoren ist, steht dabei allerdings auf einem anderen Blatt.

Ziemlich unstreitig dürfte sein, dass der Status quo für die Radler inakzeptabel ist. Zwei von ihnen passen nicht auf dem Weg durch den Tunnel aneinander vorbei. Das bremst aus, aber es ist vor allem gefährlich. Dass eine separate Röhre teuer sein würde und überdies nur mit viel Ingenieurskunst unter der Start- und Landebahn hindurch gebaut werden könnte, erschließt sich unmittelbar. Das wäre aber die Königslösung für das Problem.

Realistischer dürfte eher sein, das Radfahren auf der Straße zu genehmigen ein gangbarer Weg sein könnte. Das müsste einhergehen mit flankierenden Regelungen, die ein Passieren der Röhre auf zwei Rädern nicht in die Nähe eines Suizidversuches rücken lässt. Ein Tempolimit und ein Überholverbot für Autos wäre das mindeste. Weil der Bundesstraßenstatus der B 312 auf den Fildern ohnehin zur Disposition steht, sollte in dieser Richtung weiter gedacht werden.

Eine ernsthafte Abwägung aller, auch teurer, Möglichkeiten, würde Verkehrsminister Winfried Hermann vom Verdacht befreien, hier doch bloß wieder Auto- gegen Radfahrer ausspielen zu wollen.