Wenn Eltern nach Fahrrädern für ihre Kinder suchen, müssen sie verschiedene Kriterien beachten. Foto: Imago / Shotshop

Die Auswahl an Kinderrädern ist groß – und das erste eigene Rad sollte nicht das Erstbeste sein. Eine Expertin erklärt, auf welche Kriterien Eltern beim Fahrradkauf besonderen Wert legen sollten.

Stuttgart - Die Auswahl an Kinderrädern ist groß – und das erste eigene Rad fürs Kind sollte nicht das erstbeste sein. Kristine Simonis ist im Landesvorstand des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) für Tourismus und Wirtschaft zuständig. Zudem arbeitet sie im Fahrradhandel und verkauft und vermietet E-Bikes und Pedelecs. Sie erklärt, auf welche Kriterien Eltern beim Fahrradkauf besonderen Wert legen sollten.

Laufräder für die Kleinen

Simonis findet Laufräder „absolut empfehlenswert“. Schon Kinder ab etwa zwei Jahren könnten so ihr Gleichgewichtsgefühl trainieren und sich im weitesten Sinne an den Straßenverkehr gewöhnen, etwa indem sie lernen, dass man an Straßen und Ausfahrten anhalten muss. „Früher gab es Fahrräder mit Stützrädern, aber da hatten die Kinder enorme Schwierigkeiten, beim Umstieg aufs Rad das Gleichgewicht zu halten“, sagt Simonis. Kinder, die zuvor ein Laufrad hatten, bekämen dies hingegen in kürzester Zeit hin. Zudem mache den meisten Kindern Laufradfahren Spaß, sie schöpften Selbstvertrauen daraus. Auch könnten die Kinder sich so frühzeitig an Bewegung gewöhnen.

Danach könne man auf die kleinen Spaßräder umsteigen, die noch nicht wirklich straßentauglich ausgestattet sind. „Meine beiden Töchter haben sie bereits mit drei Jahren gefahren, das war ein fließender Übergang“, sagt Simonis.

Bereits beim Lauf- wie auch beim Spaßrad sollte man beim Kauf nicht sparen, sondern am besten auf ein Markenrad zurückgreifen. „Die sind meist hochwertig verarbeitet“, sagt Simonis. Ein neuwertiges Rad könne man zudem für einen guten Preis wieder verkaufen, gebrauchte Räder seien dennoch meist noch von guter Qualität. In ein Markenrad zu investieren lohne sich aus Sicherheitsgründen, aber auch, weil die Kinder auf einem „Klapperrad“ keinen Spaß am Fahrradfahren finden würden. Wichtig sei zudem, dass das Rad die passende Größe habe, also weder zu klein noch zu groß sei. „Beim Laufrad muss das Kind beide Füße auf den Boden bekommen“, sagt Simonis.

Auch die Räder für die Kleinsten sollten regelmäßig gewartet werden. „Einmal im Jahr sollte ein Fachmann nachschauen, auch die Eltern sollten immer wieder kontrollieren, ob die Bremsen funktionieren und alle Schrauben angezogen sind.“

Anfängerräder

Auch bei der Wahl des Anfängerrads sei das Wichtigste, das passende Fahrrad für das Kind zu wählen. So sei es etwa der falsche Weg, ein zu großes Modell zu kaufen mit dem Hintergedanken, dass das Kind „da schon hineinwachse“. Denn wenn das Rad zu groß sei, rutschten die Kinder hin und her und müssten sich beim Treten sehr anstrengen. Das verderbe Kindern den Spaß am Fahren. „Das Rad ist dann passend, wenn das Kind mit den Zehenspitzen den Boden berühren kann beziehungsweise wenn sein Bein leicht angewinkelt ist, wenn der Fuß auf dem Pedal steht, während dieses am niedrigsten Punkt ist“, erklärt Simonis. Gut sei, wenn das Fahrrad mitwachsen könne, der Sattel- und der Lenkradstutzen höhenverstellbar sind.

Für die Nutzung des Fahrrads im Straßenverkehr seien drei Komponenten gesetzlich vorgeschrieben: zwei Bremsen, eine Lichtanlage und Reflektoren. „Ich finde es darüber hinaus gut, die Kinder möglichst früh an eine Gangschaltung heranzuführen, ihnen also etwa ein Drei-Gang-Rad zu kaufen, damit sie sich daran gewöhnen“, sagt Simonis. Auch ein Gepäckträger habe mehr als einen praktischen Nutzen: Es sei auch sicherer, Taschen in einem Korb zu verstauen, als sie über den Lenker zu hängen oder der Schulter zu tragen. „Da können sie leicht in die Speichen geraten.“ Zudem rät Simonis zu einem Kettenschutz, „damit die Hose nicht ständig dreckig wird und sich Schnürsenkel nicht verfangen können“, sowie zu Reifen mit einer glatten Oberfläche. „Zumindest in der Stadt sind die besser, da der Reibungswiderstand niedriger ist.“ Für den Alltag und für die Stadt rät Expertin Simonis zudem zu Schutzblechen, damit das Rad auch bei Wind und Wetter taugt, um damit etwa zur Schule zu radeln. „Ohne Schutzbleche ist man am Ende ganz eingesaut.“ Zur Ausstattung gehören freilich auch zwingend eine Klingel und ein guter Helm: „Da gibt es heute ja tolle Modelle in allen Formen und Farben.“

Ein weiterer Tipp, den Simonis gibt, ist, zu leichten Rädern zu greifen. „Dann läuft das Fahrrad besser, die Kinder haben es besonders beim Anfahren einfacher.“ Dennoch habe ein verkehrssicheres Rad immer ein bestimmtes Gewicht, mit dem die Kinder normalerweise gut umgehen könnten. Und sie rät, dem Kind nur ein Rad zu kaufen, auf dem es sich auch wohlfühlt. „Sonst hat es keinen Spaß.“ Nur bei den Themen Sicherheit und Größe würde sie keine Abstriche machen.

Fahrräder für Jugendliche

Beim Kauf eines Jugendfahrrads komme es darauf an, für was es genutzt werden soll. Der Vorteil von Stadträdern sei, dass sie verkehrssicher seien. Mountainbikes hingegen müssten nachgerüstet werden, wenn sie im Straßenverkehr genutzt werden sollen, es empfehle sich im Zweifel aber, zwei verschiedene Modelle für die zwei verschiedenen Zwecke zu kaufen.

E-Bikes

„E-Bikes für Kinder, das ist ein schwieriges Thema“, sagt Simonis, die Räder mit Elektromotor verleiht und verkauft. Sie kann daher die Faszination gut nachvollziehen, die von diesen Rädern ausgeht. Dennoch rät sie davon ab, Kinder zu früh damit fahren zu lassen: „Sie müssen erst in einem Alter sein, in dem sie die Geschwindigkeit von bis zu 25 Stundenkilometern abschätzen können“, sagt die Expertin. Das sei meist mit etwa zwölf bis 14 Jahren der Fall. „Wir verkaufen etwa keine E-Bikes an Kinder unter zwölf Jahren“, sagt sie, denn schon bei Erwachsenen käme es zu vielen E-Bike-Unfällen. „Das ist ein anderes Gewicht, ein anderes Tempo.“ Zu beachten sei auch, dass es besonders schwierig sei, ein E-Bike im Straßenverkehr zu beherrschen. „Auf einer Radtour am Neckar entlang ist das etwas anderes.“