Benedikt Willi (Mitte) vom RV Pfeil Plattenhardt sorgt bei den nationalen Titelkämpfen für Lokalkolorit. Foto: Günter Bergmann

Bei den deutschen Meisterschaften ist am Sonntag Bernhausen der Startort. Geplant war einmal deutlich mehr – bis Corona kam.

Bernhausen - Filderstadts Oberbürgermeister Christoph Traub ist ein begeisterter Radfahrer. Zwischen 3000 und 5000 Kilometer spult der 51-Jährige jährlich herunter, seit Neuestem auf einem Cravelbike, einem waldwegtauglichen Rennrad. Klar, dass der Rathauschef „sehr froh“ ist, dass seine Stadt bei den deutschen Meisterschaften im Straßenradsport an diesem Wochenende mit von der Partie ist – wegen der Corona-Pandemie allerdings in mehreren Punkten anders als anfangs geplant.

An der Filharmonie in Bernhausen wird Traub am Sonntag mit zwei Pistolenschüssen die nationale Elite auf die Strecke schicken. Um 8 Uhr geht es für die Frauen los, um 11.05 Uhr für die Männer. Von Traubs Seite gibt es dazu neben dem lachenden Auge auch ein weinendes. „Es ist außerordentlich schade, dass die Bevölkerung bei diesem tollen Event nicht dabei sein kann“, sagt er. Nur im Zielbereich auf der Degerlocher Waldau sind 250 Zuschauer erlaubt. Diese müssen genesen, getestet oder geimpft sein und ihr Ticket bereits im Vorfeld der Veranstaltung erstanden haben. Der große Festbetrieb mit Eventcharakter und Begegnungsstätten für mehrere Tausend Zuschauer, den man sich in Filderstadt einmal vorgestellt hatte, ist längst Geschichte – wie auch die ursprüngliche Streckenführung des Frauenrennens. Jenes hätte auf einem Rundkurs durch die Stadtteile Bernhausen, Bonlanden und Sielmingen stattfinden sollen. Nun ist allein Bernhausen übrig geblieben, und das auch nur als Startort.

Der Appell: bitte zuhause bleiben

Die Organisatoren von der Sindelfinger „Freunde Eventagentur“ appellieren an alle Radsportfans, zu Hause zu bleiben und sich die entscheidenden Rennrunden im Internet auf www.sportschau.de anzuschauen (Frauen: 10 bis 11 Uhr, Männer: 14.30 bis 16.30 Uhr). Dass es den einen oder anderen Enthusiasten dennoch an die Strecke ziehen wird – immerhin haben bei den Männern 31 Profis aus internationalen Topmannschaften gemeldet -, kann Traub erahnen. Er selbst muss eigens für den Startschuss einen aktuellen PCR-Test vorweisen. Dies gilt auch für sämtliche Teilnehmer, Betreuer, Helfer, Journalisten und Fotografen. Das Stadtoberhaupt hofft auf die Vernunft der Fans, dass diese Ansammlungen vermeiden. „Wir haben Ordner an der Strecke, sie sollen aber den Verkehr regeln und sich nicht um die Zuschauer kümmern müssen“, sagt Traub.

Rennspannung wird zunächst ohnehin nicht aufkommen. Der Tross fährt jeweils erst einmal neutralisiert 3,8 Kilometer Richtung Plieningen, wo dann der scharfe Start erfolgt. Vier Kilometer später biegt das Peloton auf einen 7,1 Kilometer langen Rundkurs ein, der über die Waldau führt und der weitgehend von undurchsichtigen Zäunen abgesperrt ist. Die Frauen fahren 14 Runden (107,3 Kilometer/1709 Höhenmeter), die Männer 25 (185,3 Kilometer/3050 Höhenmeter).

Vaihinger Equipe mit sechs Fahrern

Bei Letzteren sorgen sechs Fahrer für Lokalkolorit: Benedikt Willi (RV Pfeil Plattenhardt), Adrian Zuger (1. RV Stuttgardia Stuttgart), Lukas Kegel, Wilhelm Buchmüller, Christian Baumann und Christopher Bork (alle RSV Stuttgart-Vaihingen). Das Sextett geht als Equipe Stuttgart-Vaihingen ins Rennen. Der wohl aussichtsreichste Kandidat ist der 23-jährige Buchmüller. Er hat 2021 bereits mehr als 10 000 Trainingskilometer und 100 000 Höhenmeter in den Beinen. Zudem hat er beim jüngsten Bundesligarennen in Gippingen (Schweiz) sein Talent als schneller Bergfahrer bewiesen.