Die Schäden der Brunnenputte Kocher auf dem Schlossplatz werden nicht behoben, erklärt Ministerin Nicole Razavi. Foto: Lg/ /Piechowski

Der Brunnenbub Kocher vom Schlossplatz bleibt amputiert: Bauministerin Nicole Razavi (CDU) teilt auf eine FDP-Anfrage mit, selbst für 10.000 Euro werde das Land die beschädigte Putte nicht sanieren. Freunde der Stuttgarter Brunnen sind fassungslos.

Immer wieder ist zu hören, der Schlossplatz gehöre zu den schönsten Plätzen in Europa. Beliebt bei Touristen ist es etwa, sich für Fotos vor den beiden 1863 errichteten Brunnen aufzustellen, die mit Putten die wichtigen Flüsse Württembergs symbolisieren. Der Knabe, der mit lockigem Haar für den Kocher steht, hat den Unterarm und den Unterschenkel verloren. Als Opfer des Vandalismus wird ihm aber nicht geholfen. Dies hat das Land jetzt ganz offiziell bestätigt.

Bauministerin Nicole Razavi (CDU) erklärt, dass es „aus denkmalfachlicher Sicht“ nicht notwendig sei, das „Erscheinungsbild des Brunnens in die Zeit des 19. Jahrhunderts“ zurückzuführen. Mit anderen Worten: Schäden werden selbst an einer so zentralen Stelle der Stadt nicht behoben.

„Für das Mahnmal für den Klimawandel waren 41.000 Euro da“

MdL Friedrich Haag (FDP) kann es nicht fassen. Sein Vorwurf: „Das Land macht halbe Sachen beim Denkmalschutz.“ Wenn es um eine „Visitenkarte“ der Stadt gehe, dürfe eine mögliche Verbesserung nicht an 10.000 Euro scheitern, findet er. Beim Mahnmal für den Klimawandel im Eckensee habe man 41.000 Euro Steuergeld zahlen können. Einen Artikel in unserer Zeitung nahm Haag zum Anlass, mit Stephen Brauer, dem finanz- und kunstpolitischen Sprecher der FDP-Fraktion, eine Anfrage im Landtag zu stellen. Die Antwort von Ministerin Razavi liegt jetzt vor und stößt auf heftige Kritik der FDP.

Die CDU-Politikerin erklärt, dass die Staatliche Vermögens- und Hochbauverwaltung die Kosten zur Reparatur der Putte auf etwa 10 000 Euro einschätzt. Obwohl dies ein vergleichsweise geringer Betrag ist, lehnt das Land die Sanierung ab und nennt folgende Gründe: Für eine Ergänzung der Fehlstellen müssten die Figuren abgenommen werden, was zu einem Materialverlust führen könnte. Durch die Beschädigung einer einzelnen Putte gehe „das künstlerisch-architektonische Bild des Schlossplatzensembles nicht verloren“. Zuletzt seien die Brunnen, bei denen es sich zum Teil um Nachbildungen handele, 2016 saniert worden.

„Wann endlich nimmt das Land die Denkmalpflege ernst?“

Peter H. Haller von der Stiftung Stuttgarter Brünnele fürchtet, dass dem Vandalismus Tür und Tor geöffnet würden, wenn man Zerstörungen mit Nichtstun quasi legalisiere. MdL Friedrich Haag kritisiert, dass die Landesregierung den Dialog mit der Stiftung, die für die Sanierung Spenden sammeln will, abblockt. Provokant fragt er: „Wann endlich nimmt das Land die Denkmalpflege ernst?“