Per Telefon kann sich in diesen Tagen jeder bei der Psychologischen Beratungsstelle der Evangelischen Kirche helfen lassen. Foto: /Arne Weychardt/images.de

Die Psychologischen Beratungsstellen der Evangelischen Kirche haben sich voll und ganz auf die „sorgenvolle Zeit“ der sozialen Distanz eingestellt und geben übers Telefon, per Videokonferenz oder per E-Mail Stütze und Rat.

Stuttgart - Ausnahmesituationen erfordern außerordentliche Reaktionen. Daher hat auch die Psychologische Beratungsstelle der Evangelischen Kirche in Stuttgart mit ihren Dependancen im Stuttgarter Westen und in Degerloch ihr Angebot modifiziert: Wer in Zeiten der Coronakrise psychologische Schnellhilfe benötigt, kann sich unter den Rufnummer 66 95 90 (Stuttgart) und 7 65 71 51 (Degerloch) melden oder kann im Internet (https://www.evangelische-beratung.info/pbs-stuttgart) die Online-Beratung nutzen. „Wir bieten derzeit Not- und Krisenintervention an“, sagt Dorothee Wolf, die Leiterin der Beratungsstelle: „Entweder wir können sofort helfen oder rufen innerhalb einer halben Stunde zurück.“

18 Beraterinnen und Berater umfassen das Team von Dorothee Wolf. Und wie für alle Menschen, so hat sich auch für die Psychologen viel verändert. „Normalerweise bevorzugen wir den direkten Kontakt und beraten von Angesicht zu Angesicht“, sagt Dorothee Wolf, „aber jetzt haben wir alles aufs Telefon oder auf Videokonferenz umgestellt.“

Neue Arbeitsweise

Freilich haben sich auch die Beratungsthemen grundlegend geändert. Vor der Krise meldeten sich die Menschen überwiegend mit „Alltagsproblemen, die zu Leiden führten“, sagt Wolf. Die Gründe reichten von Paarproblemen, über schwere Situationen in Übergangsphasen oder dem Verlust eines Menschen.

Nun haben sich Dorothee Wolf und ihr Team ganz und gar auf die jetzige Situation, „diese so sorgenreiche Zeit“, eingestellt. Eigens für die Coronazeit hat die Psychologische Beratungsstelle der Evangelischen Kirche einen Werkzeugkasten zusammengestellt, mit dem jeder arbeiten kann. Darin sind handfeste Tipps, um dem Lagerkoller, der Einsamkeit oder Konflikten innerhalb der Familie zu entgehen. Ein weiteres, großes Feld ist die Angst. „Ein häufiges Gefühl bei Menschen, die sich in einer Krise befinden, ist Angst. Zurzeit befinden wir uns durch den Corona-Virus in einer Krisensituation, die uns alle betrifft. Und auch hier reagieren viele Menschen mit Angst. Wir möchten darüber aufklären, warum das eine natürliche Reaktion ist und wie man damit angemessen umgehen kann.“

Tipps gegen die Angst

Das hört sich oft einfacher an, als es umzusetzen ist. Dennoch geben die Psychologen einige Ratschläge, die einem im Umgang mit der Angst helfen können – zum Beispiel sich vertrauten Menschen anvertrauen, die psychisch stabil und zugewandt sind. Alleine die Anwesenheit solcher Menschen könne sehr beruhigend auf das Nervensystem wirken. Ein anderer Tipp lautet: Die eigenen Ängste wahrzunehmen, ohne sich damit zu identifizieren. Überdies helfe es, sich auf die Aspekte zu konzentrieren, die man beeinflussen könne. Oder auf eigene Ressourcen, Vertrautes und Routinen zurückgreifen. Am besten ist freilich, sich in einer Ausnahmesituation direkt an eine der beiden Stellen der Psychologischen Beratungsstelle der Evangelischen Kirche in Stuttgart oder Degerloch zu wenden.

Ratschläge für Eltern

Acht Tipps von Psychologen1. Halten Sie die Tagesstruktur ein, die möglich ist (ggf. gemeinsame Essenszeiten, zu Bett-Geh-Zeiten etc.). 2. Planen Sie klare Lern- und Freizeiten. 3. Besprechen Sie Zeiten, in denen sich jeder allein beschäftigt. 4. Beschäftigen Sie sich zu bestimmten Zeiten gemeinsam (etwa Gesellschaftsspiele). 5. Ermöglichen Sie Ihrem Kind körperliche Betätigung im Rahmen der aktuellen Möglichkeiten. 6. Halten Sie Regeln bezüglich des Medienkonsums ein. 7. Verzichten Sie darauf, momentan große Erziehungsmaßnahmen zu setzen. 8. Auch Eltern brauchen eine Pause! Wie schaffe ich das, wenn ich 24 Stunden im Einsatz bin? Zum Beispiel: Schlafzeiten der Kinder bewusst für die eigene Erholung nutzen und Aufgaben bewusst liegen lassen – vielleicht kann der andere Elternteil mir jetzt mehr abnehmen.

Allgemeine Tipps

1. Halten Sie eine Tagesstruktur ein. 2. Planen Sie Ihren Tag möglichst genau. 3. Konsumieren Sie Medien bewusst und gezielt. 4. Besinnen Sie sich auf Ihre Stärken. 5. Bewegen Sie sich im Rahmen der aktuellen Möglichkeiten. Jetzt wäre ein perfekter Zeitpunkt mit Yoga, Pilates, Autogenem Training, Progressiver Muskelrelaxation, Meditation zu beginnen. 6. Pflegen Sie Ihre sozialen Kontakte über Telefon. Verabreden Sie sich per Videotelefonie zu sportlichen Herausforderungen, Sit-ups, Liegestützen, Hampelmänner, Seilspringen, Schachturniere. 7. Nehmen Sie sich täglich fixe Arbeiten vor. Den Tag gemeinsam planen und besprechen (Was essen wir heute? Wer übernimmt welche Aufgaben im Haushalt?). 8. Planen Sie einen Höhepunkt pro Tag, auf den Sie sich freuen können. Den Tag etwa mit einem gemeinsamen Spaziergang beginnen oder beenden, im Rahmen der aktuellen Möglichkeiten. 9. Planen Sie mit Menschen, die Ihnen wichtig sind bereits jetzt, was Sie nach der momentanen Gesamtsituation mit diesen unternehmen wollen. 10. Beschränken Sie Ihren Medienkonsum, sodass Sie nicht ständig mit belastenden Inhalten konfrontiert sind. 11. Setzen Sie Grenzen, um sich von „Panikmachern“ fernzuhalten. 12. Richten Sie Ihren Blick auf Positives. 13. Achten Sie auf Ihre Gefühle und sprechen Sie darüber. 14. Unterbrechen Sie bewusst das Grübeln. 15. Suchen Sie sich aus dem Internet Entspannungsübungen, die Sie gerne machen würden. 16. Machen Sie sich immer wieder bewusst, dass die momentane Lage nicht von Dauer sein wird.