Freispruch oder eine Haftstrafe? Beide Optionen stehen im Raum. Foto: dpa/Stefan Puchner

Die Staatsanwaltschaft hatte einen 28-Jährigen wegen versuchten Totschlags angeklagt. Mittlerweile geht es aber nur noch um gefährliche Körperverletzung. Die Verteidigung fordert gar einen Freispruch.

Eine lange Freiheitsstrafe oder doch Freispruch? Im Verfahren um einen Messerangriff in Großbottwar haben jüngst Staatsanwaltschaft, Nebenklage und Verteidigung am Landgericht Heilbronn ihre Plädoyers gehalten. Dabei geht es um viel für den 28-jährigen Angeklagten: Während sein Verteidiger in seinen Handlungen lediglich eine Notwehrlage sah und daher Freispruch forderte, hält die Staatsanwaltschaft fünfeinhalb Jahre Gefängnis wegen gefährlicher Körperverletzung für angemessen.

„Eine gezielte Tötungsabsicht ist dem Angeklagten nicht mehr nachzuweisen“, räumte Oberstaatsanwältin Sara Oeß ein und rückte damit also vom ursprünglichen Anklagevorwurf des versuchten Totschlags ab. Selten habe man derart viele Zeugen vor sich, die alle darauf pochten, nichts als die Wahrheit zu berichten, und sich später als doch nicht so wahrheitsliebend entpuppten. Objektiv stehe jedenfalls fest, dass der Angeklagte seinem 35-jährigen Bekannten bei einem Zusammentreffen im Sommer 2022 mit einem Messer drei nicht unerhebliche Schnittverletzungen zugefügt hat.

Vorstrafen sprechen gegen den Mann

„Die beiden haben eine engere Beziehung als der Geschädigte angegeben hat, und er weiß ganz genau, warum der Angeklagte ihn an dem Abend zur Rede gestellt hat“, betonte die Oberstaatsanwältin. Weil der 35-Jährige nicht klein beigab, habe ihm der Angeklagte eine Lektion erteilen und dadurch seinen Forderungen Nachdruck verleihen wollen. Ein Zeuge hatte von Schulden des Opfers beim Angeklagten gesprochen. Aus den Vorstrafen des Angeklagten gehe zudem hervor, dass dieser nicht zimperlich sei, und auch in diesem Fall gewaltbereit war, indem er ein Messer griffbereit dabei hatte.

Die Anwältin des Nebenklägers, Peggy Eisele, betonte, ihr Mandant sei keineswegs der Angreifer gewesen, sondern das Opfer einer Körperverletzung geworden: „Wenn er wirklich Schulden hat, sucht er doch nicht die Konfrontation mit dem Angeklagten.“ Sie stellte keinen konkreten Antrag, sondern forderte nur, dem Angeklagten die Kosten der Nebenklage aufzuerlegen.

Greift „in dubio pro reo“?

„Außer dem Opfer hat kein Zeuge bestätigt, dass der Angeklagte angefangen hat“, hob der Verteidiger Alexander Freiherr von Malsen-Waldkirch in seinem Plädoyer hervor. Allein wegen den „unwahren Angaben des Geschädigten sitzen wir hier vor einem Schwurgericht und nicht vor einem Schöffengericht, sitzt mein Mandant in Untersuchungshaft“. Der 28-Jährige habe eben nicht einfach „aus dem Nichts ein Messer gezogen“, sondern sich durch Herumfuchteln gegen den aggressiven 35-Jährigen zu wehren versucht.

Wenn objektiv nicht nachvollziehbar sei, wie der Ablauf war, gelte „in dubio pro reo“ – also im Zweifel für den Angeklagten. Sollte das Gericht der Sicht der Staatsanwaltschaft folgen, halte er „allenfalls eine Freiheitsstrafe von maximal zwei Jahren zur Bewährung“ für angemessen. Der Angeklagte entschuldigte sich abschließend „bei allen, ich wollte niemals jemanden verletzten“. Das Gericht wird am 22. März sein Urteil verkünden.