Erst stimmen Andrea Tandler und ihr Kompagnon einem Deal mit dem Gericht zu und legen Geständnisse ab – doch dann die Kehrtwende: Sie legen Revision gegen ihre Verurteilungen ein.
Gegen ihre Verurteilung im Münchner Maskenprozess hat die Politikertochter Andrea Tandler Revision eingelegt, wie das Landgericht München I am Freitag mitteilte. Es hatte Tandler vor einer Woche zu vier Jahren und fünf Monaten Haft verurteilt, weil sie Millionengewinne durch Maskengeschäfte nicht ordnungsgemäß versteuerte. Nun muss sich der Bundesgerichtshof in Karlsruhe mit dem Fall befassen.
Dem Urteil war eine Verständigung zwischen dem Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe und den Prozessbeteiligten vorausgegangen, Tandler und N. hatten umfangreiche Geständnisse abgelegt. Am Ende wurde Tandler wegen millionenschwerer Steuerhinterziehung zu vier Jahren und fünf Monaten Haft verurteilt. Gegen N. verhängte das Landgericht drei Jahre und neun Monate Haft. Weil die Haftbefehle gegen die beiden Angeklagten gegen Auflagen außer Vollzug gesetzt wurden, kamen beide nach rund elf Monaten Untersuchungshaft am vergangenen Freitag zunächst auf freien Fuß. Tandler will zunächst auch gesundheitliche Probleme auskurieren.
Tochter von CSU-Politiker Gerold Tandler
Tandler ist Tochter des früheren CSU-Generalsekretärs und ehemaligen bayerischen Finanz-, Wirtschafts- und Innenministers Gerold Tandler. Sie hatte zu Beginn der Corona-Pandemie 2020 für einen Schweizer Maskenlieferanten Geschäfte mit verschiedenen Behörden des Bundes und der Länder vermittelt.
Dafür kassierte sie Provisionen von fast 50 Millionen Euro - was an sich legal ist. Verurteilt wurden beide nun, weil sie die Provisionen nicht korrekt versteuert und sich dadurch der Einkommens- beziehungsweise der Gewerbesteuerhinterziehung strafbar gemacht haben. Das Gericht ging in seinem Urteil am Ende von einem wirtschaftlichen Schaden von insgesamt 7,8 Millionen Euro aus.
Geständnis zur Steuerhinterziehung
Am Ende räumten die beiden Angeklagten die ihnen zur Last gelegten Steuerhinterziehungsvorwürfe über ihre Verteidiger weitgehend ein – etwa auch die Tatsache, dass es ein gemeinsames Unternehmen der beiden erst einige Wochen später gab als ursprünglich behauptet. Darauf gründete der Vorwurf der Einkommensteuerhinterziehung gegen Tandler.
Darüber hinaus versteuerten beide ihre Millionen aus den Maskengeschäften nicht in München, sondern in Grünwald - dort ist im Vergleich zur Landeshauptstadt nur rund die Hälfte an Gewerbesteuern fällig. Allerdings war München damals der „Ort der Geschäftsleitung“.
Tandler bereut ihre „Fehler“
Tandler hatte in ihren Schlussworten gesagt, sie würde ihre „Fehler“ heute nicht noch einmal machen. Sie könne nur um Entschuldigung bitten. Die Staatsanwaltschaft hatte Tandler allerdings schon zuvor ein überwiegend taktisch motiviertes Geständnis vorgehalten.
Dass Tandler und N. trotz ihrer Geständnisse und trotz ihrer Zustimmung zu der Verständigung mit dem Gericht nun Revision gegen ihre Verurteilungen einlegen, mag überraschen. Der Sprecher des Landgerichts betonte allerdings: „Die deutsche Strafprozessordnung sieht vor, dass auch (und gerade) nach einer Verständigung im Strafverfahren Rechtsmittel eingelegt werden können.“