Die Proteste gegen Polizeigewalt, wie hier in Minneapolis, kommen in den USA nicht zur Ruhe Foto: AFP/KEREM YUCEL

Seit der brutalen Festnahme und dem Tod George Floyds kommen die USA nicht zur Ruhe. Gouverneure reagieren mit der Aktivierung der Nationalgarden und Ausgangssperren, Präsident Trump droht.

Minneapolis - Durch die USA rollt weiter eine Protestwelle gegen rassistische Polizeigewalt, die oft in nächtliche Krawalle, Ausschreitungen und Zerstörung umschlägt. In der Nacht zum Sonntag gingen erneut Tausende von New York über Tulsa bis Los Angeles auf die Straße, um ihre Empörung über den Tod des Schwarzen George Floyd am Montag in Minneapolis auszudrücken. Ein weißer Polizist hatte sich minutenlang auf den Hals des am Boden liegenden, mit Handschellen gefesselten Mannes gekniet. Sein letzten Worte waren: „Ich kann nicht atmen.“

Dieses „I can’t breathe“ ist zu einem Schlachtruf bei den Protesten geworden. Der voraussichtliche demokratische Präsidentschaftskandidat Joe Biden erklärte, er stehe hinter der „gerechten Sache“ der Proteste, Zerstörung und Gewalt dürften diese aber nicht verdrängen. „Der Akt des Protestierens den Grund überschattet, gegen den wir protestieren“, sagte er in einer Erklärung.

Präsident Donald Trump warf dagegen gewalttätigen Protestierern vor, das Andenken an George Floyd zu entehren. „Sie wollen nur Ärger machen“, twitterte er und lobte das Verhalten des Secret Service bei einer Kundgebung vor dem Weißen Haus, den er beobachtet habe. „Sie haben die „Protestierer“ schreien und schimpfen lassen, so viel sie wollten“, aber wenn sie den Zaun um das Gelände des Weißen Hauses überschritten hätten, wären „sie von den bösartigsten Hunden und schlimmsten Waffen empfangen worden, die ich jemals gesehen habe.“

Mindestens zwei Personen kamen durch Schüsse ums leben, eine ein Detroit und eine in Indianapolis. Viele wurden verletzt, in 17 Städten wurden nach Zählung der Nachrichtenagentur AP insgesamt fast 1400 Protestierer verhaftet. Gouverneure in den betroffenen Staaten verhängten nächtliche Ausgehverbote und aktivierten die Nationalgarde, allein in Minneapolis waren mehr als 4000 Nationalgardisten im Einsatz. 11 000 weitere sollten hinzu kommen. Die Stadtregierung erklärte, damit seien fürs Erste die Unruhen gestoppt worden.

Trump giftete dennoch gegen Bürgermeister Jacob Frey. Die Natioanalgarde habe „den  Job erledigt, den der demokratische Bürgermeister nicht geschafft habe. „Hätte schon vor zwei Tagen eingesetzt werden sollen“, twitterte er.

In etlichen Städten setzten Beamte Schlagstöcke, Gummigeschosse und Pfefferspray gegen randalierende Demonstranten ein. Angesichts der Überforderung der Sicherheitskräfte mobilisierten auch die Gouverneure von Georgia, Kentucky, Ohio und Texas nach der Krawallnacht ihre Nationalgarden.

Im Greenwood District in Tulsa - dem Schauplatz eines Massakers an Schwarzen mit 300 Toten im Jahr 1921 in dem damals als Black Wall Street bekannten Bezirk - blockierten Protestierende eine Autobahn und skandierten den Namen von Terence Crutcher. Der Afroamerikaner war 2016 von einem Polizisten getötet worden. In Tallahassee in Florida fuhr ein Lastwagen durch eine Menge von Demonstranten, die schreiend wegrannten. Eine Person landete auf der Lkw-Haube, doch gab es laut der Polizei keine schweren Verletzungen.

In Los Angeles drängten Beamte mit Schlagstöcken und Gummigeschossen Demonstranten zurück, die „Black Lives Matter“ („Schwarze Leben zählen“ riefen. Ein Mann versuchte mit einem Skateboard die Windschutzscheibe eines Polizei-Geländewagens zu zertrümmern. Ein mit Graffiti besprühter Streifenwagen stand auf den Straßen von L.A. in Flammen.

In Detroit wurde ein Mensch getötet, als jemand Schüsse auf einen Geländewagen abgab. Die Polizei hatte zunächst gemeldet, jemand habe von dem Wagen aus auf eine Menge gefeuert. In St. Louis wurde zum Tod eines Demonstranten ermittelt, der zwischen zwei Anhänger eines Lastwagen des Kurierdiensts Fed Ex geklettert war. Als der Wagen losfuhr, kam der Mann um. In Indianapolis gab es nach Angaben der Polizei mehrere Zwischenfälle mit Schusswaffen, eine Person sei getötet worden.

Zu massiver Gewalt kam es auch in Atlanta im Staat Georgia und im New Yorker Stadtteil Brooklyn. New Yorks Bürgermeister Bill de Blasio drohte sowohl Protestierenden als auch Polizisten nach deren hartem Vorgehen mit Konsequenzen.

Die großen Menschenmengen bei den Protesten, bei denen viele trotz der aktuellen Corona-Pandemie weder Gesichtsmasken tragen noch die Abstandsregeln befolgen, haben bei Gesundheitsexperten Sorge vor einer möglichen weiteren Ausbreitung des neuen Virus ausgelöst.