Die Organisation Solidarität und Klassenkampf hatte am Freitag zu einer Kundgebung geladen. Foto: Lichtgut/Julian Rettig

Die Organisation Solidarität und Klassenkampf hat zur zweiten Kundgebung geladen, um für eine „sinnvolle Pandemiepolitik“ und gegen Ausgangssperren zu demonstrieren.

Stuttgart - Die Worte sind von Weitem erkennbar. „Fuck Querdenker“ und „Gegen Ausgangssperren – Echte Pandemiebekämpfung statt Symbolpolitik“ stehen auf den straßenbreiten Bannern, die da auf dem Stuttgarter Marienplatz hochgehalten werden. Dorthin hat zum zweiten Mal die Organisation Solidarität und Klassenkampf zu einer Kundgebung geladen, um für eine sinnvolle Pandemiebekämpfung zu demonstrieren – für 20.30 Uhr am Freitag. In Baden-Württemberg begann an diesem Abend noch um 21 Uhr die Ausgangssperre, ab heutigen Samstag startet sie um 22 Uhr, weil die Bundes-Notbremse greift.

Um ein Zeichen zu setzen, blieben die Demonstrierenden – nach den Veranstaltern rund 300 Personen – bewusst länger auf dem Platz, alle mit Maske und in Corona-Abständen. „Das ist gedeckt von der Versammlungsfreiheit“, sagt Jonas Schmidt, Pressesprecher der Organisation Solidarität und Klassenkampf. „Die Ausgangssperre ist sinnlose Symbolpolitik, Pandemiebekämpfung muss auch das Arbeitsleben einschließen. Es braucht einen wirkungsvollen Lockdown für einige Wochen, bei dem die Industrie und Wirtschaft eingeschlossen ist, und zwar bei vollem Lohnausgleich.“ Es könne nicht sein, dass die Krise auf dem Rücken der Arbeitnehmerinnen und -nehmer ausgetragen werde.

Kritik an Wechsel zwischen Lockdown und Lockerungen

Eine flächendeckende bezahlte Pause in Büros und Betrieben statt ewigem Wechsel von Lockdown und Lockerungen, das forderten auch Max und Sue von Solidarität und Klassenkampf in ihren Reden. „Nach einem Jahr Pandemie schauen wir zu, wie die Politik den Karren mit Ansage an die Wand fährt.“ Das Virus ginge nicht nachts spazieren, lauere nicht im Freien auf Plätzen und Straßen. „Das Virus fährt mit uns in die Arbeit, ist mit uns in Innenräumen, Betrieben, Großraumbüros, Einrichtungen und Schulen.“ Das gefährde Menschenleben.

Der Staat weigere sich hier durchzugreifen, weil die Renditeinteressen von Konzernen scheinbar wichtiger seien als kompromissloser Gesundheitsschutz. Plakate mit „Keine Profite mit der Gesundheit“ wurden geschwenkt, während am Mikrofon eine solidarische Gesellschaft gefordert wurde, Reiche mitfinanzieren müssten. „Unternehmen haben Milliardenhilfen vom Staat erhalten, im Gegensatz zu den Beschäftigten in Pflege und Einzelhandel, die das System am Laufen halten und für ihre Familien arbeiten müssen.“ Die Gastronomie habe seit Monaten keine Hilfe bekommen.

Auch Vorgehen gegen Querdenker wird thematisiert

Luna von der Roten Hilfe Stuttgart monierte, dass die Polizei massiver gegen die Linke vorgehe als gegen die Querdenker. Letztere zögen unbehelligt zu mehreren Tausend ohne Maske und Abstand durch die Stadt, während die Polizei den spontanen Aufzug von Solidarität und Klassenkampf vergangene Woche nach angemeldeter Kundgebung mit Pfefferspray und Schlagstöcken angegangen sei.

Querdenken und Co. seien nicht nur verantwortungslose Spinner, die das Virus verharmlosten und Menschen gefährdeten, betonte auch Marie von vom Antifaschistischen Aktionsbündnis Stuttgart und Region. Sie seien offen für Rechte und Faschisten und machten mit ihren Verschwörungstheorien deren Hetze salonfähig.

Nach den Reden ging es vom Marineplatz durch die Tübinger Straße bis zum Rotebühlplatz in einem angemeldeten Demoaufzug hinter mehreren Einsatzwägen her – friedlich und ohne Zusammenstöße. Mehrere Dutzend Kolleginnen und Kollegen seien im Einsatz gewesen, heißt es bei der Stuttgarter Polizei. Auch das Anti-Konflikt-Team war vor Ort.