Laut einer Erhebung sitzen beim Pendeln im Schnitt 1,1 Personen im Auto. Das soll sich in Ludwigsburg dank einer App ändern. Foto: Simon Granville

Acht große Arbeitgeber in Ludwigsburg gehen gemeinsam die Nutzung der kostenfreien App „TwoGo“ an. Ziel ist, dass sich Mitarbeiter fürs Pendeln zusammenfinden können.

Wer zur Rush-Hour im Straßenverkehr um sich blickt, sieht meist vor allem Fahrzeuge, in denen nur eine Person sitzt. Tatsächlich ergab eine bundesweite Erhebung im Jahr 2017, dass Autos beim Pendeln im Schnitt mit nur 1,1  Menschen besetzt sind. Fast jeder fährt also allein. Ein Umstand, dem man in Ludwigsburg den Kampf ansagt, zusätzlich zum Angebot öffentlicher Verkehrsmittel. Um weniger Autos und weniger Staus auf den Straßen zu haben sowie zum Klimaschutz beizutragen. Und: Nebenbei würde der Geldbeutel der Pendler geschont.

In dieser Woche sind acht große Arbeitgeber in Ludwigsburg mit der Mitfahr-Plattform „TwoGo“ gemeinsam an den Start gegangen. Mithilfe der App können Arbeitnehmer ihre tägliche Autofahrt ins Büro oder in den Betrieb sowie die Heimfahrt eingeben, samt Uhrzeit. Andere Nutzer der kostenfreien App können sich dann einklinken und mitfahren. Ob auf der gesamten Strecke oder nur einem Teil davon.

Große Arbeitgeber tun sich zusammen

Dazu entschieden, dieses Angebot den eigenen Mitarbeitern schmackhaft zu machen, haben sich in Ludwigsburg neben der Stadtverwaltung und dem Landratsamt auch das Klinikum, die AOK, die Firmen Roche, Hahn+Kolb, Lotter sowie die Pädagogische Hochschule. Auch von der Evangelischen Hochschule kamen jüngst positive Signale. Große Arbeitgeber also, die damit zum Klimaschutz und zur eigenen Attraktivität beitragen möchten.

Heißt: Wenn sich bisher, wenn überhaupt, Fahrgemeinschaften innerhalb einer Belegschaft gebildet haben, hilft die App dabei, dies überbetrieblich auszuweiten. Aufgrund dieser Ausrichtung unterstützt der Verband Region Stuttgart das Projekt. Er hat hohe Klimaschutzziele umzusetzen – und versucht zu unterstützen, um von täglich 53  Millionen gefahrenen Autokilometern in der Region runterzukommen. Thomas Ernst, bei der Stadt Ludwigsburg im Bereich Mobilität tätig, hebt den überbetrieblichen Ansatz hervor: „Das soll nicht in geschlossener Form stattfinden. Weitere Arbeitgeber dürfen sich gerne angesprochen fühlen.“

In der ersten Woche schon viele Fahrtangebote

Je höher die Zahl der eingestellten Fahrten ist, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, einen Treffer zu erhalten. Erst so könne eine kritische Masse erreicht werden, „mit der richtig Drive“ reinkommt, sagt Ernst. Seine Kollegin Christine Ahbe schränkt allerdings ein, dass der Kreis an Arbeitgebern bewusst um die Stadt Ludwigsburg gezogen wurde. Eine vorherige Umfrage habe gezeigt, dass das Thema Vertrauen anderen gegenüber bei diesem Projekt eine große Rolle spielt, weshalb man den Kreis erst einmal nicht über die Stadt hinaus ziehen wolle.

Beim Klinikum ist das Angebot nun seit einer Woche im Einsatz. Schon jetzt bieten Mitarbeiter Fahrten aus allen möglichen Richtungen an. Ob aus Heilbronn, Großbottwar, Schwaikheim oder Vaihingen an der Enz. „Vor allem auch zu allen möglichen Uhrzeiten, wo man denken könnte, zu der Zeit ist sonst niemand unterwegs“, sagt Jochen Kühn, beim Klinikum fürs betriebliche Mobilitätsmanagement zuständig.

Der Ludwigsburger Mobilitätsbürgermeister Sebastian Mannl hofft, dass viele Mitarbeiter umschwenken und die Möglichkeit des Zusammenfahrens nutzen werden. „Ich bin froh, dass hier so eine Achterriege entstanden ist.“ Dass solch eine hohe Anzahl an Partnern nicht üblich ist, hebt Projektleiter Manuel Epperlein von „TwoGo“ hervor. „Ludwigsburg ist da jetzt schon ein Ausnahmefall“. Das Angebot wird bislang von 70  Unternehmen in Europa in Anspruch genommen. Tendenz steigend, auch der Markteintritt in den USA ist laut Epperlein erfolgt. Im Oktober wird auf „TwoGo“ eine Bewertungsfunktion hinzugefügt, damit Zweifel am Vertrauen in andere Menschen möglicherweise eine weniger hohe Hürde darstellen. Auch können Frauen angeben, nur mit Frauen fahren zu wollen.

Und sollte eine vereinbarte Mitfahrt aus irgendeinem Grund einmal nicht zustande kommen, sind in der App automatisch die Telefonnummern der nächsten Taxiunternehmen und mögliche Verbindungen mit Bus und Bahn hinterlegt.

Funktion
 „TwoGo“ ist eine App zur Vermittlung von Fahrgemeinschaften für Unternehmen, Gemeinden und Privatnutzer. Sie kann kostenfrei heruntergeladen und genutzt werden. Mitarbeiter von teilnehmenden Firmen können sich über die Firmen-Email anmelden. Wer keine hat, dem ist das über den Arbeitgeber via Link oder QR-Code möglich.

Dienstleister
 Es handelt sich um ein Angebot der Schwarz Mobility Solutions GmbH, die Teil der Schwarz-Gruppe in Neckarsulm ist. Zeitweise war die App intern genutzt worden. Aufgrund anderer Firmenanfragen wurde sie dann für den Markt geöffnet.