Strom von der "Zapfsäule" - greift hier die Preisbremse? Foto: Heidepriem

Die Strompreise sind hoch. Das trifft auch Fahrer von Elektroautos. Entlastung soll da die Strompreisbremse bringen. Bei der Umsetzung gibt es jedoch Probleme.  

Zwei Formulierungen im Gesetzestext der Strompreisbremse und der Stromnetzzugangsverordnung führen zu Schwierigkeiten. Für Fahrer von Batteriefahrzeugen ergeben sich folgende mögliche Nachteile:

Problem 1: Laden zu Hause

Wer erst seit Kurzem Strom für sein Auto in der heimischen Garage bezieht und mehr als 40 Cent pro Kilowattstunde bezahlt, wird unter Umständen nicht unterstützt. Denn die Entlastung berechnet sich anhand der Jahresverbrauchsprognose. Und diese erhöht sich nicht oder nur leicht, wenn man sich beispielsweise erst zum Ende eines Jahres ein Elektroauto zulegt. Unter dem Jahr wird die Prognose je nach Netzbetreiber nur angepasst, wenn man eine Ladestation ("Wallbox") in Betrieb nimmt.

Anfangs hieß es in einem Schreiben des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK): "Ladeeinrichtungen für Elektroautos müssen dem Netzbetreiber ohnehin mitgeteilt werden. Daraufhin wird der Verteilnetzbetreiber in der Regel die Jahresverbrauchsprognose anpassen, das Entlastungskontingent erhöht sich automatisch."

Umsetzung der Bremse hapert an Verbrauchsprognose

Diese Formulierung im Konjunktiv führte dazu, dass einzelne Netzbetreiber aus der Region die Prognose nicht angepasst hatten - und damit der erhebliche Mehrverbrauch durch ein Elektroauto nicht von der Entlastung abgedeckt wurde. Kunden waren der Entscheidung ihrer Netzbetreiber ausgeliefert. Vonseiten der kleinen Stromversorger und Netzbetreiber in der Region hieß es zunächst als Begründung, die genauen "Durchführungsbestimmungen" mit Details zu diesen Fällen würden fehlen.

Wochen später konkretisierte das Bundesministerium, der Anschlussnetzbetreiber sei aus Paragraf 13 der Stromnetzzugangsverordnung "verpflichtet, die Verbrauchsprognose anzupassen, wenn eine neue große Verbrauchseinrichtung in Betrieb geht". Mit dieser anderen Lesart des Gesetzes sollte sich der Prozess für Elektrofahrer nun doch noch vereinfachen. 

Weiterhin fürchtet ein Netzbetreiber aber, wie im Austausch mit unserer Redaktion deutlich wird, dass die Anpassung der Verbrauchsprognose einer möglichen Prüfung nicht standhalten könnte. Deswegen würde jeder Fall entsprechend dokumentiert. Es bestehe für den Netzbetreiber das Risiko, dass es durch eine Nicht-Anerkennung zu Rückforderungen seitens des Staates kommen kann.

Es bietet sich aus Sicht des Kunden jedenfalls an, die eigene Verbrauchsprognose zu überprüfen und gegebenenfalls anpassen zu lassen. Ein kleiner bis mittlerer zweistelliger Betrag könnte sonst zusätzlich fällig werden. Eine kurze Beispielrechnung findet sich hier.

Problem 2: Schnelladen auswärts

Wie die E-Auto-Vermietung "nextmove" in einem ihrer wöchentlichen Updates feststellte, profitieren Fahrer eines E-Autos an der Stromzapfsäule wohl nicht unbedingt. Auch dieser Strom ist zwar - wie für alle "Endverbraucher" - gedeckelt. Jedoch erhalten die Ladesäulenbetreiber die Entlastung, nicht die Kunden. Wie das BMWK erklärt, würde aber der "Wettbewerb" dazu führen, dass die vergünstigten Preise auch an Kunden weitergegeben werden. Denn es sei davon auszugehen, dass "Kunden frei zwischen verschiedenen Anbietern wählen können". Das Strompreisbremsengesetz sehe keine Verpflichtung zur Weitergabe der Deckelung vor, da das Gesetz "nur so rechtssicher umsetzbar" sei. Denn das Laden von Autos liege "im Bereich der privaten Vertragsbeziehungen" und das Strompreisbremsengesetz "regle dort nicht hinein." Das Ministerium erklärt sich damit, dass das "äußerst bürokratisch und administrativ nicht zu leisten" sei.

Geben Anbieter Entlastung wirklich weiter?

Und wie sieht die Praxis aus? EnBW erklärte beispielsweise auf Anfrage von "nextmove" Anfang März, das Unternehmen werde "die Strom- und Gaspreisbremse nicht in Anspruch nehmen". Deshalb könnten auch keine Entlastungen an den Ladesäulen weitergegeben werden. Das habe unter anderem den Grund, "das der administrative Aufwand für eine Inanspruchnahme der Strompreisbremse" für die EnBW als Konzern "in keinem Verhältnis zu einem eventuellen Nutzen" stehe. Stattdessen plädiert die EnBW "für eine gesetzliche Ausnahmeregelung bei der Strompreisbremse für öffentliche Ladeinfrastruktur", damit auch Autofahrer von den Entlastungen profitieren. Seit Januar 2023 kostet eine geladene Kilowattstunde bei der EnBW 61 Cent . Davor war sie sechs Cent billiger.

Bei Ladestromanbietern wie den Stadtwerken München (SWM) wird die Strompreisbremse wiederum in Anspruch genommen. Hier haben sich die Preise im April dennoch um zehn Cent auf 69 Cent/kWh erhöht. Laut Auskunft der SWM ist die Strompreisbremse hier inbegriffen.

Info: Beispielrechnung zum Laden zuhause

Folgendes Szenario: Bisher werden im Haushalt gerundet 3000 kWh Strom im Jahr ohne Elektroauto benötigt. Mit Anschaffung eines Elektroautos inklusive Wallbox Ende November 2022 steigt der Verbrauch im Jahr der Anschaffung um 200kWh auf 3200 kWh.

Wenn der Netzbetreiber nun trotz Strompreisbremse die Prognose nicht anpasst, zahlt man bei einem Stromverbrauchspreis von 0,4974 Euro/kWh 2536,10 Euro im Jahr (bei einer Fahrleistung von 10.000km/Jahr und einem Durchschnittsverbrauch von 26kWh/100km).

Wird die Prognose jedoch angepasst, zahlt man nur 2349,09 Euro. Eine falsche Prognose des Netzbetreibers kann den Kunden also real 187,01 Euro im Jahr kosten.