Wenn man Kinder hat, sammeln sich schnell Dinge an, die niemand mehr braucht. Lohnt es sich, Strampler und Spielzeug auf dem Basar anzubieten? Unsere Autorinnen sind unterschiedlicher Meinung.
Der Herbst ist in Stuttgart Flohmarktzeit. Aber lohnt es sich, auf diesen Basaren einen Tisch zu mieten um Kindersachen und Krimskrams zu verkaufen? Unsere Autorinnen diskutieren das Für und Wider.
Contra: Basare kosten viel Zeit und bringen wenig ein
Überall werden kleine Basare beworben: beim Bäcker um die Ecke, an Laternenmasten und in Whatsapp-Gruppen. Für viele sind sie eine Win-Win-Win-Situation. Der Verkäufer kann aus Dingen, die er nicht mehr braucht, zumindest ein wenig Profit schlagen. Der Käufer bekommt das, was er braucht, zum kleinen Preis, und nachhaltig ist es auch noch.
Ich mag Flohmärkte trotzdem nicht. Nur einmal, vor vielen Jahren, habe ich selbst einen Stand gemietet, damit Strampler, Bilderbücher und Babytragetuch nicht länger Schränke und Regale im Kinderzimmer verstopfen. Der Erfolg war mäßig.
Es hat mich viel Zeit gekostet, all die Dinge rauszukramen, sie in Kisten zu verpacken, ins Auto zu tragen, sie zum Basar zu karren, wieder auszuladen und dann möglichst attraktiv auf einem alten Tisch herzurichten. Und dann stand ich Stunde um Stunde und bekam so gut wie nichts los. Gegen die Konkurrenz routinierter Flohmarktmütter um mich herum hatte ich keine Chance. Sie priesen Kinderspielzeug als pädagogisch wertvoll an, behaupteten, der eigenen Nachwuchs habe es gar nicht mehr weglegen wollen und nur dank der hohen Qualität sehe das Spielzeug trotzdem noch wie neu aus. Ich verkaufte eine quasi neue Kleinkindkraxe für gerade einmal zehn Euro. Vermutlich hätte ich locker das Dreifache bekommen können. Aber wir hatten das mit Stoff bezogene Gestell auch nur geschenkt bekommen und es nie genutzt, weil es viel zu schwer und viel zu unbequem zu tragen war. Daher erschien es mir unredlich, mehr Geld zu verlangen.
Natürlich hatte ich meinen Nachwuchs in die Entscheidung einbezogen, was verkauft werden darf und was nicht – jedenfalls größtenteils. Der nahm dann aber trotzdem das ein oder andere Buch wieder vom Tisch, um es doch zu behalten. Einen Teil der geringen Einnahmen dieses Tages gab ich an den Nachwuchs weiter. So hatten wir es im Vorfeld abgemacht. Der kaufte davon auf dem Flohmarkt allerlei Klimbim. Am Ende gingen wir wahrscheinlich mit mehr Sachen nach Hause, als wir zum Basar mitgebracht hatten.
Alexandra Kratz ist Reporterin im Team Familie, Bildung, Soziales und hat zwei Töchter, die sich nur ungern von ihren Habseligkeiten trennen.
Pro: Ein großartiges Schauspiel
Schon klar: Wer von der großen Kohle träumt, ist auf dem Flohmarkt falsch. Vor allem, wenn er Kindersachen verkauft. Während ihnen sonst kein verschrumpelter Bio-Kohlrabi für den Nachwuchs zu teuer ist, feilschen Eltern auf Märkten dann um jede 50 Cent für picobello erhaltene Bilderbücher im Anschaffungswert von 20 Euro. Anders gesagt: Die Einhaltung des Mindestlohnes ist auf Basaren nicht zu erwarten.
Trotzdem sind sie ein großartiges Spektakel. Erst kürzlich machten die Kinder und ich beim Hofflohmarkt im Viertel mit. In der Auslage nicht weniger als unsere Familienvergangenheit. Unter anderem zerkratzte Hörspiel-CDs mit den Endgegnern meines Nervenkostüms (Käpt’n Sharky und Der kleine König), ein überdimensionierter Schlumpf, eine sehr laute Autorampe, deren Anschaffung unter uns Eltern umstritten war, sich aber als zuverlässige Beschäftigung für die Kinder entpuppte. Ein Heyhey-Wickie-Bowling-Set, Ninjago-Sammelkarten und jede Menge Devotionalien aus den Universen verblichener Fernseh-Helden, denen Sohn und Tochter entwachsen sind. Namentlich Marshall, Rubble, Chase, Rocky, Zuma, Skye, Sam, Elvis, Penny und Captain Steele.
Kurz: Unser Stand war sehr bunt, geräuschvoll und plastiklastig. Also ein Paradies für Mädchen und Jungen von eins bis fünf – und ein Albtraum aller Bitte-nur-Holzspielzeug-und-Wollwalkanzüge-in-Beige-und-Beerentönen-Eltern. Und so blieb auch der ein oder andere Tobsuchtsanfall nicht aus. „Ich will das Marshall-Auto!“ – „Aber du hast doch schon die Brio-Eisenbahn daheim!“ – „Ich will aber, biiiittteee.“ – „Nein!“ – „Heul-Schrei-Uaaaaaaa!“ Übermüdete Mütter und Väter (wahrscheinlich schon seit 5.30 Uhr wach) versuchten, achtsam und gewaltfrei kommunizierend, ihre Kinder von unserem Angebot fortzulocken, während unter der bedürfnisorientierten Oberfläche wahrscheinlich die Verzweiflung nur so brodelte.
Verstehen Sie mich nicht falsch: Es war keine Schadenfreude, mit der ich dieses Schauspiel betrachtete, eher ein liebevoller Blick aufs Elternsein mit all seinen Höhen und Tiefen und alltäglichem Irrsinn. Und letztendlich war es ein bisschen, als würde ich meinem Mutter-Ich vor ein paar Jahren selbst zusehen. Und das ist ja immer ganz erhellend. Außerdem hatten wir nach sechs Stunden immerhin 90 Euro eingenommen. Hat sich also in jeder Hinsicht gelohnt.
Lisa Welzhofer schreibt im Team Familie, Bildung, Soziales und hat zwei Kinder mit viel zu vielen Spielsachen