Ob das „Aus vom Verbrenner-Aus“ 2035 eine Lösung bietet, war auch beim Pressestammtisch des Stadtseniorenrats Leinfelden-Echterdingen und unserer Zeitung eine der zentralen Diskussionspunkte. Foto: Marijan Murat/dpa

Der Pressestammtisch des Stadtseniorenrats und unserer Zeitung diskutierte in Leinfelden-Echterdingen leidenschaftlich über die Zukunft der deutschen Schlüsselindustrie.

Der deutschen Automobilindustrie fehlt aktuell der zündende Funke, um aus der Krise herauszufinden. Die Stimmung ist nach wie vor schlecht. Ob das viel diskutierte „Aus vom Verbrenner-Aus“ 2035 eine Lösung bietet, war auch beim gemeinsamen Pressestammtisch des Stadtseniorenrats Leinfelden-Echterdingen und unserer Zeitung eine der zentralen Diskussionspunkte. Dieser und anderer, oft sehr kenntnisreich formulierter Fragen aus der Zuhörerschaft hat sich am Dienstagvormittag in der Echterdinger Zehntscheuer Veronika Kanzler gestellt. Die Kernthese der Redakteurin für Automobilwirtschaft: „Die Politik muss auf Anreize setzen, nicht auf Verbote.“

Redakteurin Veronika Kanzler Foto: Torsten Schöll

Klar sei aber: die Rahmenbedingungen sind schwierig, die Herausforderungen für die Autoindustrie riesig: „Zur Transformation in die Elektromobilität kommen die Handelshemmnisse in den USA, die zunehmend starke Konkurrenz aus China sowie eine schwächelnde Gesamtwirtschaft in Deutschland“, sagt Kanzler. Der Startschuss in die Krise sei, nach Ansicht der Redakteurin, aber auch zum Teil selbst verschuldet gewesen: „Der Dieselskandal kostete die deutsche Automobilindustrie weltweit viel Vertrauen“, betont Kanzler.

Verlust von Arbeitsplätzen: Versäumnisse bei den Herstellern

Die ganz großen Impulse, um der Krise Herr zu werden, liefere aber auch die Politik aktuell noch nicht. Die Tatsache, dass der jüngste Autogipfel im Kanzleramt zum Ergebnis hatte, den Kauf von Elektroautos wieder zu fördern, sei zwar „ein guter Ansatz“, sagt die Autowirtschaftsexpertin. Insbesondere weil die Förderung vor allem Menschen mit kleineren und mittleren Einkommen zugutekommen soll. Wie es dabei aber gleichzeitig gelingen soll, dass die Automobilindustrie in Zukunft keine Arbeitsplätze verliere, wie vielfach gefordert, blieb unscharf.

Vermutlich aus gutem Grund: Wie ein Zuhörer beim Pressestammtisch in diesem Zusammenhang feststellt, sei es seit über zehn Jahren bekannt, dass für die Herstellung von Elektroautos weniger Menschen erforderlich seien wie für die Produktion von Verbrenner-Fahrzeugen. Der Diskussionsteilnehmer sieht hier Versäumnisse bei den Herstellern selbst. Auch Kanzler liefert Belege dafür, dass die Automobilindustrie in jüngster Vergangenheit Strategien gefahren ist, die sich im Nachhinein als falsch erwiesen haben: Die Ausrichtung auf das Luxussegment bei Mercedes-Benz nennt sie als Beispiel.

Elektrofahrzeuge: Den Fahrspaß ins Zentrum rücken

Dass indes Elektroautos in Deutschland nach wie vor ein Imageproblem haben, sei eine Folge dessen, dass mehr über die Nachteile als über die Vorteile von Elektrofahrzeugen gesprochen werde, glaubt ein anderer Zuhörer in der Zehntscheuer. Er sieht hier auch die Medien in der Pflicht. Aber eben nicht nur: Auch die Vermarktungsstrategen der Konzerne hätten zu spät erkannt, den Fahrspaß, den das Lenken eines Elektrofahrzeugs mit sich bringt, ins Zentrum zu rücken, sagt Kanzler.

Die Redakteurin ist sich sicher, „dass sich die Elektromobilität als Technologie am Ende durchsetzt“. Die Frage sei, welcher Weg dorthin führe: Verbote oder Anreize? Vor einem möglichen „Aus vom Verbrenner-Aus“ ist es Kanzler indes nicht bange: „Der Deal wäre“, sagt sie, „dass die Hersteller auch nach 2035 noch Plug-in-Hybride verkaufen dürften.“ Das sei ein realistisches Szenario, um auch Arbeitsplätze zu sichern. Um reine Verbrenner-Fahrzeuge werde es nicht mehr gehen.