Klaus Zintz spricht beim Pressestammtisch des Stadtseniorenrats über die Auswirkungen des Klimawandels auf die Antarktis.
Alle Welt spricht derzeit über die Bedrohung des Friedens oder die Wirtschaftskrise. Nicht so der Wissenschaftsjournalist Klaus Zintz: Er erinnert beim gemeinsamen Pressestammtisch des Stadtseniorenrats Leinfelden-Echterdingen und unserer Zeitung an die Pinguine in der Antarktis. Das hat einen guten Grund.
Denn hinter dem aktuell als besonders dringlich empfundenen Tagesgeschehen, droht das Großthema Klimawandel zunehmend unter den Tisch zu fallen. Die Pinguine am Südpol, denen Zintz selbst vor etwas mehr als zwei Jahren auf einer Pressereise mit dem französischen Eisbrecher-Kreuzfahrtschiff Le Commandant Charcot einen Besuch abgestattet hat, sind so etwas wie Seismographen für die Erderwärmung.
Es sind „Veränderungen, die Angst machen“, sagt Zintz, der mehr als 30 Jahre Wissenschaftsredakteur der Stuttgarter Zeitung war. Unter anderem erreichte der Eisbrecher, wie Zintz am Dienstagvormittag den gespannt lauschenden Zuhörern in der Echterdinger Zehnscheuer erzählt, Snow Hill Island. Die Insel liegt im Weddell-Meer, am Ostrand der Antarktischen Halbinsel, also jener riesigen Landzunge, die wie ein Finger zur südamerikanischen Südspitze weist.
Wissenschaftsjournalist präsentiert Reisefotos aus der Antarktis
„Die Halbinsel ist berühmt für ihre große Kolonie an Kaiserpinguinen“, berichtet Zintz, der beim Pressestammtisch auch beeindruckende Fotografien dieser Reise präsentiert. Auf Snow Hill Island, ganz im Norden der Antarktischen Halbinsel, seien die Bedingungen für die Tiere zwar noch gut, so der Biologe. Aber in anderen Regionen der Südpolarregion sehe es ganz anders aus.
Das Problem: Mit den durch den Klimawandel steigenden Temperaturen drohe den jungen Kaiserpinguine in ihren angestammten Brutgebieten das Eis wortwörtlich unter den Füßen wegzuschmelzen, sagt Zintz. „Die Jungtiere haben ein flauschiges Gefieder, das wasserdurchlässig ist.“ Fallen sie ins eiskalte Wasser, erfrieren sie. Genau das ist in der Halley-Bay-Kolonie, der bis dahin zweitgrößten Kaiserpinguin-Population geschehen. Zwischen 2016 und 2019 fiel dort der Nachwuchs komplett aus.
„Auf der Westseite der Antarktischen Halbinsel macht sich die Klimaerwärmung stärker bemerkbar als im Osten“, erklärt der Biologe. Dort werde wegen des zurückgehenden Eises auch der Krill im Wasser weniger, wovon sich die Adelie-Pinguine ernähren. Auch der hier wärmebedingt zunehmende Regen setze den Adelie-Küken zu. Auch für sie gilt, dass ihr Gefieder sie nicht vor Nässe schützt.
Zintz sieht großes Gefahrenpotenzial
Insgesamt sei die Eisfläche der Antarktis im Jahr 2023 um 2,2 Millionen Quadratkilometer kleiner gewesen als im Mittel der Jahre 1981 bis 2022, so Zintz. „Das entspricht der Fläche Grönlands.“ Der Wissenschaftsjournalist erinnert in diesem Zusammenhang auch daran, dass der Antarktisvertrag nur noch bis ins Jahr 2041 gelte. Der Vertrag regelt nicht nur, dass der Südkontinent niemandem gehört, sondern auch, dass er nicht wirtschaftlich ausgebeutet werden darf.
Angesichts von aktuellen Bestrebungen der Vereinigten Staaten, Grönland in Besitz zu nehmen, sieht Zintz hier ein großes Gefahrenpotenzial: „Ich bin mir nicht sicher, ob dann nicht das große Hauen und Stechen um die Antarktis beginnt.“