Lenski (Maria Simon) und Raczek (Lucas Gregorowicz) bekommen es mit irrem Glaubenseifer zu tun. Foto: rbb/Arnim Thomaß

Wie weit geht Religionsfreiheit? Nicht so weit, wie ein junger Mann sie in der neuen Folge von „Polizeiruf 110“ aus Frankfurt/Oder treiben möchte. Dieser Möchtegern-Prophet wird militant. Das Team Lenski/Raczek muss ihn stoppen.

Stuttgart - Wenn ein moderner Mediziner den Propheten des Alten Testaments begegnen könnte: Würde er da lauter dringend behandlungsbedürftige Psychiatriefälle erkennen, die Stimmen hören, an Allmachts- und Verfolgungswahn leiden und eine Gefahr für andere darstellen? Und könnte einer der Propheten die moderne Gesellschaft sehen, würde er da nicht Feuer vom Himmel auf einen einzigen Sündenpfuhl herabbeten wollen? Diese interessante Frage bildet den Kern der von Hendrik Hölzemann geschriebenen „Polizeiruf“-Folge „Heilig sollt ihr sein!“. Ein junger Mann in Frankfurt/Oder hält sich hier für den Propheten Elias und wird tödlich übergriffig. Das scheint eher die logische Steigerung als die völlige Pervertierung jenes konservativen katholischen Kleine-Leute-Milieus, aus dem er stammt.

Dieser Wahn-Elias (Tom Gronau) ist in einer Welt aufgewachsen, in der Glaube mit all der irrationalen Wahrnehmungsverzerrung hysterischen Aberglaubens einhergeht. Die Kommissare Lenski (Maria Simon) und Raczek (Lucas Gregorowicz) müssen sich wieder aneinander reiben. Lenski ist die Glaubenswelt fremd, sie sieht da nur Unfug. Raczek hat mehr Verständnis, kennt fanatischen Glauben aus der eigenen Familie, ist aber ab einem bestimmten Zeitpunkt auch gereizter als Lenski. Das Drehbuch packt viel Stoff in eineinhalb Stunden, der erfahrenen Kino- und TV-Regisseur Rainer Kaufmann setzt auf Verwirrspiele hie, emotionale Überhitzung da, und so geht ein wenig der Faden verloren. Auch dieser „Polizeiruf“ wird jene eher wütend machen, die ruhige, konservative Mordermittlungen schätzen.

Ausstrahlung: Sonntag, 3. Mai 2020, 20.15 Uhr