Monatelang wurde in Pforzheim über eine Erstaufnahmeeinrichtung für Geflüchtete diskutiert – bis der Gemeinderat sie deutlich ablehnte. Doch das letzte Wort war damit nicht gesprochen.
Pforzheim muss nach dem ablehnenden Votum des Gemeinderats nicht mehr mit einer Erstaufnahmestelle für Flüchtlinge rechnen. Die Landesregierung verzichte endgültig auf eine solche Einrichtung in der Stadt, teilte Oberbürgermeister Peter Boch am Montag mit. „Das sind ausgesprochen gute Nachrichten, die wir mit großer Erleichterung aufnehmen“, erklärte der CDU-Politiker der Mitteilung zufolge. Grund für die Absage sind nach Auskunft der zuständigen Ministerien wirtschaftliche Aspekte.
Das Land hatte eine Immobilie auf einem Industriegelände für rund 1000 Geflüchtete im Visier. Der Gemeinderat hatte sich vor knapp einem Jahr mit großer Mehrheit dagegen ausgesprochen.
Während in der Bevölkerung von Anfang an die Skepsis groß war, hatte sich unter anderem Rathauschef Boch Vorteile davon versprochen. Denn Kommunen mit einer Landeserstaufnahmestelle bekommen weniger oder sogar keine Flüchtlinge für die vorläufige und Anschluss-Unterbringung zugewiesen, sparen sich also die damit verbundenen Kosten.
Damoklesschwert und Handlungsbedarf
Aufgrund der hohen Zahl neu ankommender Flüchtlinge, hatten Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) und das Migrationsministerium allerdings erklärt, als letzte Möglichkeit müssten Einrichtungen auch gegen den Willen von Städten und Gemeinden entstehen können. Auch in anderen Regionen Baden-Württembergs wird die Einrichtung zentraler Aufnahmestellen geprüft – und auch andernorts sind die Pläne teils heftig umstritten.
Das Migrations- und das Finanzministerium kamen in Bezug auf die Gewerbeimmobilie in Pforzheim nun jedoch zu dem Schluss, dass ein Betrieb einer Landeserstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge dort aus wirtschaftlichen Gründen nicht realisiert werden könne. „Das Land wird daher die Prüfungen an dieser Stelle nicht weiterverfolgen“, heißt es in dem Schreiben, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.Auch in anderen Regionen Baden-Württembergs wird die Einrichtung zentraler Aufnahmestellen geprüft. Und auch andernorts sind die Pläne teils heftig umstritten.
„Entscheidungen von solch großer Tragweite können nur gemeinsam mit den Kommunen getroffen werden“, betonte Boch. Dennoch brauche es weitreichendere Lösungen in der Migrations- und Zuwanderungspolitik als bisher. Auch wenn die Zuweisungszahlen aktuell etwas gesunken seien, befänden sich die Kommunen nach wie vor am Anschlag. „Für uns Kommunen ist eine verlässliche, dauerhafte Perspektive auf reduzierte Aufnahmezahlen notwendig, damit wir Unterbringung und Integration schultern können.“