An einem echten Inkubator lernen Pflegeschülerinnen wie Vanessa Laube (links) und Dilara Evin in Kornwestheim. Foto: /Simon Granville

Wo einst der Kornwestheimer (Kreis Ludwigsburg) Schuhhersteller beheimatet war, sind jetzt Pflegeschüler der Regionalen Kliniken Holding eingezogen. Was junge Menschen bewegt, den Pflegeberuf zu ergreifen und wie es ist, im Salamander-Areal zu lernen.

Auf knapp 3000 Quadratmetern lernen derzeit 350 angehende Pflegerinnen und Pfleger in der RKH-Pflegeschule am neuen Standort in Kornwestheim , wie man Patienten versorgt. Spätestens seit der Coronapandemie hat der Beruf in der öffentlichen Wahrnehmung an Ansehen gewonnen. Der Fachkräftemangel in der Branche ist dennoch einer der dramatischsten im deutschen Gesundheitswesen.

Laut einer Studie des Deutschen Krankenhausinstituts sind auf Allgemeinstationen in Krankenhäuser durchschnittlich acht Prozent der Pflegestellen ungewollt vakant. Das Statistische Bundesamt hat gar berechnet, dass 2049 voraussichtlich zwischen 280 000 und 690 000 Pflegekräfte in Heimen, Krankenhäusern und Pflegediensten fehlen. Da tut Nachwuchs Not. „Es bessert sich gerade, was die Bewerberanzahl angeht“, sagt Ursula Palmer, die die Pflegeschule leitet. Die Bewerber seien fast durchweg motiviert und hätten klare Vorstellungen von dem Beruf.

Realitätsnah lernen die Pflegeschülerinnen Vanessa Laube (links) und Dilara Evin in ehemaligen Räumen der Salamander-Schuhfabrik. Foto: Simon Granville

Vanessa Lube und Dilara Evin sind Pflegeschülerinnen bei der RKH. Seit gut einer Woche findet ihr Unterricht in den neuhergerichteten Räumen im Salamander-Areal statt. „Es ist schon toll hier, weil alles so neu und clean ist“, sagt Lube. Die 25-Jährige aus Freiberg am Neckar hat wie die meisten ihrer Azubi-Kolleginnen und Kollegen kein Problem mit dem Ortswechsel vom bisherigen Standort in Ludwigsburg in die Salamanderstadt. Ob man nun mit der Bahn bis Ludwigsburg oder bis Kornwestheim fahre, sei keine große Umstellung. Für Evin, ebenfalls 25 Jahre alt, ist der Weg als Kornwestheimerin sogar kürzer geworden. Das Umfeld sei zum Lernen sehr gut, bestätigt Evin.

Beide haben vorher schon andere Ausbildungen begonnen, sich dann aber doch für die Pflegeschule der RKH entschieden. War es der Fachkräftemangel, der sie in die Branche trieb? „Ich habe an einem Berufskolleg vorher schon im Gesundheitsbereich gearbeitet und wollte einfach mehr mit Menschen direkt zu tun haben“, sagt Vanessa Lube. Ähnlich war es bei Dilara Evin, die auf einem kaufmännischen Berufskolleg war, sich aber von der Ausbildung bei der RKH mehr verspricht. „Ich will später eher mit Kindern arbeiten und spezialisiere mich auf die Pädiatrie“, sagt die Kornwestheimerin.

Fachkräftemangel und schwere Ausbildung

Ein wichtiger Punkt bei ihrer Entscheidung für den Pflegeberuf waren die vielfältigen Arbeitsmöglichkeiten von Krankenhaus bis mobiler Pflegedienst. Vor allem ist den jungen Frauen aber wichtig, dass sie sich auch nach der Ausbildung weiterbilden können. „Ich bin das beste Beispiel“, sagt Schulleiterin Palmer. „Ich habe als Kinderkrankenschwester angefangen und bin jetzt Leiterin der Pflegeschule“, so die 60-Jährige.

Auch wenn Palmer sich freut, dass sich zuletzt wieder ein paar mehr Bewerber als Plätze interessiert zeigten an einer Ausbildung, sagt sie: „Einfach ist der Beruf und die Ausbildung nicht – ganz im Gegenteil.“ In Blöcken steht für die Pflegeschülerinnen wochenlang Unterricht und dann je nach Station wochenlang Mitarbeit an einem RKH-Standort oder Partnerbetrieb an. Der Unterricht geht von 8 bis 15.30 Uhr, danach sind auch noch zu Hause Aufgaben zu erledigen für die Schule.

Mehr junge Männer in der Ausbildung

„Wenn wir irgendwohin kommen zum Arbeiten, sind die Kollegen dort meist sehr froh, Unterstützung zu bekommen, und bislang haben uns alle sehr gut aufgenommen“, sagt Vanessa Lube. Natürlich bekomme man dabei auch schon mit, dass in einzelnen Bereichen der Fachkräftemangel sehr groß ist und die Arbeitsbelastung hoch. Weder führe das dazu, dass die Auszubildenden als billige Arbeitskräfte genutzt werden, noch stoße sie das ab, sagen Laube und Evin. „Wer sich auf die Ausbildung einlässt, weiß in der Regel, was ihn oder sie erwartet“, sagt Palmer.

Bei der Geschlechterverteilung tue sich laut der Schulleiterin auch etwas. Noch seien 80 Prozent ihrer Schüler und Schülerinnen weiblich, aber es gebe immer mehr junge Männer, die sich für den Beruf interessierten.

Beim Rundgang durch die Räume der neuen Pflegeschule zeigen Laube und Evin begeistert, wie viel Platz ist. Besonders in den Räumen, in denen die praktische Arbeit simuliert wird mit Puppen und Originalausstattung aus dem Krankenhaus, gibt es viel Platz, damit auch mehrere Schülerinnen gemeinsam am Krankenbett stehen können. „Wir hatten viel von der Ausrüstung vorher auch schon, aber es war sehr gedrängt“, sagt Palmer. Generell habe man sich von einigen Gegenständen aus dem alten Standort in Meiereistraße 1 gegenüber dem Klinikum Ludwigsburg getrennt.

In Kornwestheim jetzt finde man beste Bedingungen vor, sagt Palmer – und ihre Schülerinnen stimmen ihr zu.

Nächster Umzug in vier Jahren?

Provisorium
 Der offizielle Plan der RKH lautet, dass das Salamander-Areal nur ein Interimsstandort für die Pflegeschule wird, weil der jetzige Standort in Ludwigsburg abgerissen werden muss und der neue noch nicht zur Verfügung steht.

2028
 Schon in vier Jahren, so der offizielle Fahrplan, solle der Umzug in den Gesundheitscampus nach Marbach am Neckar erfolgen. Dass dies auch wirklich so passiert, zumindest in der Zeitspanne, hält offensichtlich auch Landrat Dietmar Allgaier für schwer zu realisieren. Eine Andeutung, dass Kornwestheim darüber hinaus Standort bleiben könnte, machte er jedenfalls bei der Eröffnung der Pflegeschule. Lehrkräfte würden einen Verbleib – so ist zu hören – wohl begrüßen.