Erste Länder, darunter Baden-Württemberg, haben die Maskenpflicht in Pflegeeinrichtungen gekippt. Dort ist man froh darüber. Foto: dpa

In Pflege- und Behinderteneinrichtungen gilt keine Maskenpflicht mehr. Das Land Baden-Württemberg hat die Verordnung auf eigene Faust aufgehoben. Aufatmen ist angesagt. Aufgepasst wird weiterhin.

Baden-Württemberg hat die umstrittene Maskenpflicht in Pflegeheimen gekippt, und Lisa Ros ist froh darüber. Die Hausleitung und Leitung des Personalmanagements im Haus Elim in Schwaikheim und im Haus Elim Sozialwerk der Volksmission in Leutenbach versteht zwar den Gedanken, der der Verordnung zugrunde lag – nämlich vulnerable Gruppen besonders zu schützen – sie hat aber die ganze Zeit über auch die Bedürfnisse der Bewohner gesehen. Deshalb sagt sie: „Wir empfanden die Regelung als sehr schwierig im gesellschaftlichen Kontext, denn unsere Bewohner sind bei uns ja zu Hause. Und es würde doch auch keiner auf die Idee kommen, der Bevölkerung eine Maskenpflicht in den eigenen vier Wänden aufzuerlegen.“ Selbstverständlich würden den Bewohnern Masken zur Verfügung stehen, wenn sie diese freiwillig zum eigenen Schutz weiter tragen möchten. Des Weiteren werden im Haus Elim weiterhin alle verpflichtenden Schutz- und Hygienemaßnahmen umgesetzt. „So versuchen wir, das Risiko einer Infektion weit möglichst zu minimieren“, sagt Lisa Ros.

Auch die Vereinigung „Lebenshilfe“ begrüßt die Entscheidung

Auch die Vereinigung „Lebenshilfe“ – ihre Ziele sind Gleichberechtigung und Barrierefreiheit für Menschen mit geistiger Behinderung – begrüßt die Entscheidung. Für die FDP im baden-württembergischen Landtag ist sie längt überfällig. Man habe die Einrichtungen per Brief über diese Neuerung informiert, sagte Gesundheitsminister Manfred Lucha (Grüne). Die Heime sowie die Einrichtungen der Behindertenhilfe könnten ab sofort selbst entscheiden, ob die Bewohner in Gemeinschaftsräumen weiterhin eine Maske tragen müssen. Der Bund habe auf Drängen des Landes einen Katalog mit Fragen und Antworten zu den umstrittenen Paragrafen des Infektionsschutzgesetzes vorgelegt. „Danach ist es nach unserer Auffassung vertretbar, auf eine Maskenpflicht in Gemeinschaftsräumen zu verzichten“, so Lucha.

Die Änderung sei längst überfällig, heißt es vonseiten der Diakonie Stetten

Auch in der Diakonie Stetten wurde die Mitteilung, dass die Maskenpflicht für Bewohner nicht mehr umgesetzt werden muss, positiv aufgenommen. Sie sei längst überfällig gewesen, sagt der Pressesprecher der Einrichtung in Kernen im Remstal, Steffen Wilhelm. „Wir hatten schon sehr früh, noch bevor das Bundesinfektionsschutzgesetz in Kraft trat, darauf hingewiesen, dass die Maskenpflicht für Bewohner nicht nur alltagsfern und wenig wirkungsvoll ist, sondern auch sehr diskriminierend.“ Insbesondere sei kritisiert worden, dass die Bewohner in den Gemeinschaftsräumen außerhalb ihres eigenen Zimmers eine Maske tragen sollten, da diese Räume gleichzusetzen seien mit den privaten Räumen, in denen sich die Bewohner mit Mitbewohnern einen Großteil des Tages aufhalten – genau wie Wohnzimmer oder Küche in einer Privatwohnung.

In der Diakonie Stetten freut man sich deshalb, dass man mit der Kritik nicht allein war. Und, dass der geballte Protest von Einrichtungen und Verbänden letztendlich dazu geführt hat, dass es sowohl von der Bundesregierung als auch von der Landesregierung Klarstellungen gab, die die Sichtweise vieler Pflege- und Behinderteneinrichtungen bestätigt haben. „Die Landesregierung ist mit ihrer Entscheidung, auf die Pflicht zum Tragen einer FFP2-Maske in Gemeinschaftsräumen zu verzichten, ja letztlich nur einer Klarstellung der Bundesregierung gefolgt“, sagt Steffen Wilhelm und fügt gleich dazu, dass der Gesundheitsschutz in den Häusern der Diakonie Stetten weiterhin sehr ernst genommen werde. „Im Vergleich zur allgemeinen Bevölkerung haben wir noch eine ganze Reihe an Maßnahmen, zu denen wir verpflichtet sind und die wir aus Vorsichtsgründen nach wie vor umsetzen“, sagt Wilhelm und zählt regelmäßige Tests bei Bewohnern und Mitarbeitern, die Einhaltung der geltenden Besucherregeln, die Maßnahmen im Rahmen der Corona-Arbeitsschutzverordnung und die FFP2-Pflicht für die Mitarbeitenden in der Betreuung und Pflege auf.

Die gekippte Maskenpflicht galt trotz scharfer Kritik seit 1. Oktober

Die nun gekippte Maskenpflicht für Bewohner von Pflegeheimen und in Werkstätten für Menschen mit Behinderung galt – trotz scharfer Kritik – seit 1. Oktober. Im Bundesrat formierte sich Widerstand, zwei Länder schafften die Regel nun ab. Der Bundesrat hat sich dafür ausgesprochen, dass die Bundesregierung die FFP2-Maskenpflicht für Bewohner von Pflegeeinrichtungen wieder aufhebt. Gemeinschaftsräume seien als Privaträume zu sehen, in denen naturgemäß soziale Kontakte stattfinden. Um Bewohner nicht gegenüber anderen Menschen zu benachteiligen, erscheine es vor Ort vertretbar, dort auf die Maskenpflicht zu verzichten, heißt es in dem Brief an die Einrichtungen.

Auch im Luitgardheim in Weinstadt-Beutelsbach sowie im dazugehörigen Pflegestift in Waiblingen begrüßt man die Aufhebung. „Aufgrund der vom Bundesministerium für Gesundheit aufgezeigten Rahmenbedingungen ist es vertretbar, auf die Pflicht zum Tragen einer FFP2-Maske zu verzichten“, sagt Heike Schneider, zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit im Haus. Sie erklärt die Umsetzung der Neuerung bei ihnen: So würden die Regelungen zur Erleichterung sozialer Kontakte lebensnah ausgestaltet. Dabei werden die räumliche Gegebenheit, die regionale Inzidenz und ein eventuelles Ausbruchsgeschehen berücksichtigt.