Beherzt nimmt Hester (Hera Hilmar) den Kampf gegen die Herrscher eines rollenden Städte-Ungetüms auf. Foto: Universal Pictures - Universal Pictures

In seinem Fantasy-Epos „Mortal Engines: Krieg der Städte“ erzählt Regie-Novize Christian Reeves von rollenden Monster-Metropolen, die rücksichtslos die kleineren Städte fressen.

EsslingenEs ist nicht die erste Zusammenarbeit zwischen Bombast-Regisseur Peter Jackson und seinem jüngeren Kollegen Christian Rivers, aber die erste, für die es eine Art Rollentausch gab. Mittlerweile arbeitet Rivers nicht mehr Jackson zu, sondern andersherum. Für die „Herr der Ringe“-Trilogie sowie die „Hobbit“-Prequel-Reihe, „King Kong“ und „In meinem Himmel“ lieferte Rivers Teile der Story-boards. Bei Rivers’ erstem Spielfilm „Mortal Engines: Krieg der Städte“ zeichnete Jackson nun für das Drehbuch und die Produktion verantwortlich. Das merkt man. Die Verfilmung des ersten von vier Romanen atmet die Luft großer Fantasy-Epen.

In einer mehrere hundert Jahre in der Zukunft gelegenen Welt haben die Menschen nach einer verheerenden Katastrophe die meisten Ressourcen aufgebraucht. Wer Glück hat, ist Bewohner einer fahrenden Stadt. Die gigantischen Ungetüme rollen durch das karge Ödland, um sich kleinere Dörfer einzuverleiben und dadurch mächtiger und mächtiger zu werden. Eine der größten ist London, dessen Herrschern der verschwenderische Umgang mit den verbliebenen Ressourcen jedoch langsam zum Verhängnis wird. Die wachsende Unsicherheit an Bord nutzt die maskierte Hester (Hera Hilmar) aus, um einen Anschlag auf den Anführer Thaddeus Valentine (Hugo Weaving) zu verüben, den sie für den Tod ihrer Mutter verantwortlich macht. Doch der Versuch schlägt fehl – wenig später finden sich Hester und der Historikerlehrling Tom Natsworthy (Robert Sheehan) auf offenem Feld wieder, wo sie für die rollenden Städte zur leichten Beute werden.

Die dystopische Welt, eine dem Untergang geweihte Menschheit, der Kampf zwischen Gut und Böse und mittendrin eine junge weibliche Heldin, die sich gegen die Obrigkeit auflehnt – „Mortal Engines: Krieg der Städte“ vereint diverse Versatzstücke eines Genre-Trends, der von „Die Tribute von Panem“ eingeleitet wurde. Irgendwann wurde jedoch alles so austauschbar – die Figuren, die Welten, die Filme. Das lässt sich von „Mortal Engines: Krieg der Städte“ nicht behaupten. Das von dem britischen Buchautor Philip Reeve erdachte Universum sieht in Christian Rivers’ Verfilmung nicht bloß verflucht gut aus. Die Macher geben zudem Acht auf eine innerfilmische Logik. Nur die Prämisse selbst muss man so nehmen, wie sie einem vorgesetzt wird. Aber das ist im klassischen Fantasykino immer so.

Das Herzstück des Films sind die Städte, insbesondere London, die noch so klar und deutlich als britische Hauptstadt erkennbar ist, dass die Kreation der Metropole als fahrendes Gebäude umso beeindruckender ist. Erzählerisch bleibt für einen zweiten Teil noch Luft nach oben, vor allem bei den mitunter platten Dialogen. Was „Mortal Engines: Krieg der Städte“ fehlt, ist eine Ordnung. Im ersten Teil der Reihe handeln die Macher vom Aufbau der Welt über die Rebellion der Abtrünnigen bis hin zur finalen Zerstörung einen Stoff ab, der in drei Filme gepasst hätte. Es ist einzig und allein dem aufgeräumten Skript von Fran Walsh, Philippa Boyens und Peter Jackson zu verdanken, dass man nicht die Übersicht verliert.

Auch zur zweistündigen Schlacht verkommt dieses Leinwandspektakel nie. Selbst wenn gerade im letzten Drittel vorwiegend gekämpft wird, finden sich am Rande immer wieder emotionale, rührende Details wie Hesters herzzerreißende Lebensgeschichte, die ihr Verhältnis zu dem eigentlich als Widersacher etablierten Roboterwesen Shrike (Stephen Lang) plötzlich in einem ganz neuen Licht erscheinen lässt. Dadurch wirkt „Mortal Engines: Krieg der Städte“ von Grund auf sympathisch. Und das ist ein Prädikat, das sich wahrlich nicht jedem Hollywood-Blockbuster zuschreiben lässt.

Peter Jackson machte sich mit seiner „Herr der Ringe“-Trilogie auf der Leinwand unsterblich. Vor- und nachher knüpfte er nie an diesen Erfolg an – dafür beaufsichtigt er als Produzent nun junge, aufstrebende Regisseure. Bei „Mortal Engines: Krieg der Städte“ geht das meist gut.