Demo gegen das Tanzverbot. Oder besser gesagt, für das Tanzen. Foto: dpa/Wolfram Kastl

Im LKA-Longhorn in Stuttgart wird an Karfreitag getanzt. Ein Tabubruch. Doch die Stadt beharrt darauf, dass dies nur ein Einzelfall sei und damit keineswegs das Tanzverbot gekippt sei.

Die Bürokratie will Landesvater Winfried Kretschmann abschaffen. Damit sich das Land nicht selbst erdrosselt. Und weil in den Verwaltungen landauf, landab das Personal fehlt. Wer in Stuttgart etwa mit 18 einen Führerschein beantragt, muss froh sein, wenn er ihn bekommt, bevor er mit 70 eine Nachschulung braucht.

Was ist das Feiertagsgesetz?

Die Idee ist also, die Mitarbeiter zu entlasten. Beim Ordnungsamt wäre das beispielsweise möglich, wenn man sich nicht mehr jahrein, jahraus damit herumplagen müsste, die Vorschriften des Feiertagsgesetzes und mögliche Ausnahmen zu überprüfen und auf deren Einhaltungen zu pochen. Laut Paragraf 10 dieses Gesetzes sind in Baden-Württemberg öffentliche Tanzunterhaltungen von Gründonnerstag, 18 Uhr, bis Karsamstag, 20 Uhr, verboten.

Was sagt die Stadt?

Das halten nun ziemlich viele Menschen für einen Anachronismus. Da löste die Nachricht, dass im LKA-Longhorn an Karfreitag von Amts wegen getanzt werden dürfe, große Freude aus. Doch die Stadt warnt vor zu viel Euphorie. Die Sprachregel lautet weiter: „Am Karfreitag sind nach den Vorschriften des Sonn- und Feiertagsgesetzes Veranstaltungen in Gaststätten, die über den Schank- und Speisebetrieb hinausgehen, verboten. Zudem gilt am Karfreitag ein Tanzverbot.“

Die Erlaubnis gelte für eine Veranstaltung, die der Meinungskundgabe zu den feiertagsrechtlichen Vorgaben sowie dem Verleihen des Ausdrucks einer Weltanschauung diene. „Die Tanzveranstaltung von 21 Uhr bis 24 Uhr bildet zwar einen erheblichen Teil der Veranstaltung, angesichts der Gesamtkonzeption dürfte sich dies noch im Rahmen bewegen. Ein regulärer Clubbetrieb ist von der Erlaubnis jedenfalls nicht gedeckt. Die Ausnahme gilt auch nur in der Zeit von 19.30 Uhr bis 24 Uhr.“

Was ist ein Heidenspaß?

Einen „Heidenspaß“ will man sich im LKA mit dem humanistischen Verein der Giordano-Bruno-Stiftung erlauben, und zu Musik aus den 80ern tanzen. Seit 2018 streitet Geschäftsführer Thomas Filimonova mit der Stadt herum und kämpft gegen die restriktive Auslegung des Feiertagsgesetzes im Land. Dieses Jahr lädt man zur 80er-Jahre-Party, ergänzt um „ein Wort zum Karfreitag mit humanistischem Tanzsegen“.

Das ist also erlaubt. „Im Jahr 2018 hat sich die Giordano-Bruno-Stiftung vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart durchgesetzt“, sagt die Stadt, „seither wird für die jährlich am Karfreitag stattfindende Veranstaltung eine Erlaubnis erteilt“. Es sei zunächst ein Alkoholausschankverbot vorgesehen worden, um Störungen der Feiertagsruhe durch alkoholisierte Personen zu vermeiden. „Angesichts der abgeschiedenen Lage der Gaststätte LKA Longhorn im Industriegebiet in Wangen wurde davon jedoch abgesehen.“

Was sagen die anderen Clubs?

Nachtmanager Nils Runge verfolgt das natürlich mit Interesse. „Stadt und Region haben hier nicht viele Spielräume, da es sich beim Tanzverbot um ein Thema auf Landesebene handelt“, sagt er, „aus Betreibersicht sind die Regeln in anderen Bundesländern attraktiver, da dort das Feiertagsgesetz oftmals anders ausgelegt wird.“

Für Florian Buntschuh ist das Feiertagsgesetz alt und überholt, zumal in einer Gesellschaft, in der die Zahl der Mitglieder der Kirchen stetig zurückgehe. Seine Meinung ist wenig verwunderlich, schließlich ist er Geschäftsführer des Club Climax und im Vorstand des Club Kollektiv, der Interessenvertretung der Clubs und Nachtschaffenden. Viele Clubs werden öffnen an Karfreitag, aber ihren Gästen sagen, dass sie nicht tanzen dürfen. Bei ihnen im Climax werden sie Stühle auf die Tanzfläche stellen. Wie lange die dort stehen? „Wir weisen explizit darauf hin, dass nicht getanzt werden darf“, sagt Buntschuh.

Das ist wie bei den Maultaschen, in denen das Fleisch unter dem Teig versteckt wird. Was man nicht sieht, interessiert Gott und die Bürokratie nicht.