Fische schwimmen an einem Korallenriff vor der indonesischen Komodo-Insel. Foto: Dita Alangkara/AP/dpa Foto: DPA - Dita Alangkara/AP/dpa

Sauerstoffverlust, Plastikflut, Versauerung: Viele Gefahren bedrohen die Weltmeere. Der UN-Beauftragte warnt: Die Folgen für das Meeresleben sind verheerend.

Davos/New York (dpa) - Beim Kampf um intakte Ozeane ist das Jahr 2020 nach Ansicht des UN-Ozeanbeauftragten Peter Thomson entscheidend. «Wenn das Jahr endet, und wir keine Ergebnisse haben, sind wir in großen Schwierigkeiten», sagte Thomson der Deutschen Presse-Agentur.

«Wir brauchen viel mehr Aufmerksamkeit für die Meere. Es hängt alles miteinander zusammen: Ozeane, Biodiversität, Klima - das ist eine Sache», betonte Thomson. «Bisher haben Regierungen und Menschen immer die Meere und die Umwelt ans Ende der Prioritätenliste gesetzt. Sie haben Sicherheit und Nahrung den Vorrang gegeben.» Das müsse sich sofort ändern.

Die Menschen verstünden nicht, wie schlimm der Verlust von Sauerstoff für das Leben in den Ozeanen sei. «Das wird immer schlimmer», sagte Thomson. Hinzu komme die Versauerung der Meere durch Kohlenstoffdioxid (CO2), der sich im Ozean auflöst. «Die Meere sind immer saurer geworden, seit die Industrialisierung begonnen hat, das macht es sehr schwer für Muscheln und Wirbeltiere zu existieren.» Auch Korallen würden beschädigt.

Eine weitere Gefahr sei die Meereserwärmung, die die Gefahr durch beispielsweise Tropenstürme erhöhe. So seien Zyklone in seiner Heimat Fidschi ein zunehmendes Problem geworden, sagte Thomson. «Die zunehmende Wildheit und Unberechenbarkeit dieser Stürme ist einfach nur verheerend.»

Der Experte räumte ein, dass viele der Aichi-Ziele für den weltweiten Artenschutz verfehlt worden seien. Sie sehen etwa vor, dass bis 2020 die Verlustrate an natürlichen Lebensräumen mindestens halbiert, die Überfischung der Weltmeere gestoppt sowie 17 Prozent der Landfläche und 10 Prozent der Meere unter Schutz gestellt werden. «Dass wir die Aichi-Ziele nicht erfüllen, liegt daran, dass die Menschheit sich eigentlich nicht ändern will», sagte Thomson. «Wir müssen uns dazu zwingen. Jeder Einzelne muss radikale Änderungen in seinem Ess- und Produktionsverhalten vornehmen. Was wir machen, geht nicht schnell genug. Die Leute wissen, dass wir in Schwierigkeiten stecken, aber niemand will zurückstecken.»

Er selbst verzichte etwa auf Rindfleisch. Bei Meeresfrüchten frage er auch in Restaurants stets nach, ob der Fisch nachhaltig und legal gefangen worden sei. «Ich glaube, dass die Ozeane die Menschheit besser ernähren werden durch einen anderen Ansatz», sagte Thomson. «Es wird vielleicht eine Art maritimes Tofu geben. Es gibt einen ziemlich lose Vermutung, dass aus den sehr unterschiedlichen Lebensformen, die im Ozean vorkommen, neue Nahrungsformen entstehen.» Fisch werde aus nachhaltigen Fischfarmen im Ozean kommen, Aquakultur werde eine zunehmende Rolle spielen. «In weiten Teilen Asiens ist das bereits der Fall. Das ist der am schnellsten wachsende Teil der Fischindustrie.»

Tatsächlich seien viele Probleme noch nicht ausreichend bekannt, sagte Thomson. Deshalb hätten die Vereinten Nationen eine Dekade der Meereswissenschaften ausgerufen. Auf der UN-Ozeankonferenz in Lissabon vom 2. bis 6. Juni müssten neue Verpflichtungen beschlossen werden, die dann auf der UN-Biodiversitätskonferenz im chinesischen Kunming (15. bis 28. Oktober) sowie schließlich auf der Klimakonferenz in Glasgow (9. bis 20. November) bestätigt werden müssten.

«Wir müssen sicherstellen, dass diese drei Bereiche - Ozeane, Biodiversität, Klima - nicht einzeln behandelt werden, sondern dass es einen gemeinsamen Feind gibt, die Treibhausgase», sagte Thomson. «Und das ist die zentrale Botschaft der Ozeankonferenz und muss nach Kunming und Glasgow getragen werden.»