Schauspiel zu Gast am Kunsttempel: eine Szene aus der Inszenierung. Foto: Martin Sigmund

Die Schauspielbühnen nutzen in „Stuttgart. Ein Traum“ kurzweilig und kunstvoll die Rotunde der Staatsgalerie als Open-Air-Bühne. Die gewitzte Inszenierung überzeugt.

Stuttgart - Das ist nicht mehr mein Stuttgart. Was sollte es denn sonst sein? Gibt es die Stadt gar nicht mehr oder was? Der fulminante Theaterabend in der Rotunde der Staatsgalerie beginnt mit einer heiteren Lektion in Sachen Dialektik auf den Stäffele des Stirling-Baus. Da streiten sich zwei über die Veränderungen der Stadt und kommen nicht weiter. So hintersinnig-witzig geht es weiter in einem temporeichen Szenenreigen, in der die großen und kleineren Geister der Vergangenheit aufblitzen oder ausgiebiger zu Wort kommen. „Stuttgart. Ein Traum“ ist diese Stadterkundung betitelt, in der vier souverän auftretende Absolventinnen und Absolventen der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst mal als Clowns die Wohnungspolitik der Gegenwart kommentieren, als Rössle in Einzelteilen ihr artistisches Können zeigen, als Manfred Rommel sich einen Reim auf die Laugenbrezel machen oder in einer Tirade über die Luft im Kessel als Nikolaus Lenau vom Leder ziehen.

Was wirr klingt, fügt sich bestens

Das ist beim Zuschauen weniger wirr, als es beim Lesen erscheinen mag. Wie bei einem guten Hefezopf sind die Stränge verbunden, gehen ineinander auf und über. Der Autor Christian Schönfelder hat das Konglomerat von Stimmen von Andersch bis Beckett, von Hölderlin bis Mörike für diese Open-Air-Produktion der Schauspielbühnen zusammengesetzt und dabei auch Passagen integriert, die von den jungen Schauspielern selbst stammen. Inszeniert hat die Folge von Texten und Songs Klaus Hemmerle. Er hat die Rotunde auf vielen Ebenen zur Bühne gemacht, und den Aufgang nicht nur als Schwätz-Stäffele, sondern ebenso als Gala-Treppe einbezogen. Zusammengehalten wird diese heitere, aber nie klischeedurchsetzte Stuttgart-Erkundung von Reinhold Weiser, der am Keyboard sitzt und als Wiedergänger des Staatsgalerie-Architekten James Stirling brilliert: Mit schwärmerischen Elogen auf Spätzle und mit bösen Seitenhieben auf die Stadtväter von gestern. Sehenswert – nicht nur für Stuttgarter.

Stuttgart. Ein Traum. Weitere Termine vom 15. bis zum 17. und vom 21. bis zum 24. Juli