Wer in Internet zu Straftaten aufruft oder andere beleidigt, muss verstärkt mit Konsequenzen rechnen. Baden-Württemberg stellt mehr Staatsanwälte für solche Fälle ein.
Stuttgart - Baden-Württemberg geht schärfer gegen Hasskriminalität vor. Vor allem im Internet setzen sich Nutzer der sozialen Medien vielfach über alle Vorschriften hinweg. Anonym, aber auch unter ihren realen Namen, beleidigen sie, diffamieren oder rufen zu Straftaten auf. Justizministerin Marion Gentges (CDU) beklagt, das Internet sei durch die Verbreitung von Hass, Hetze und Falschmeldungen zum „Nährboden für Islamismus und Antisemitismus“ geworden.
Kretschmann: Land tritt entschieden gegen Hass und Hetze auf
„Extremismus und Hasskriminalität bedrohen unsere freie und offene Gesellschaft“, beklagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) und versicherte, „als Landesregierung treten wir Hass und Hetze – online und offline – entschieden entgegen“.
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Ein ressortübergreifender Kabinettsausschuss ist bereits eingerichtet. Jetzt rüstet die Justiz auf. Vom 1. Februar an müssen die Anbieter von sozialen Netzwerken dem Bundeskriminalamt strafbare Inhalte melden, also etwa Posts, die Kinderpornografie enthalten oder die Tatbestände der Bedrohung, der Billigung von Straftaten oder der Volksverhetzung erfüllen könnten.
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Facebook und Google haben gegen das Gesetz Eilverfahren angestrengt, wie Gentges berichtete. So lange werde das Meldeverfahren noch ausgesetzt. Die Ministerin erwartet aber, dass die Klagen im Februar abgeschlossen sein werden.
Justizministerin erwartet 17 500 zusätzliche Verfahren im Jahr
Dann rechnet Gentges allein in Baden-Württemberg im Jahr mit rund 17 500 zusätzliche Ermittlungsverfahren aus dem Bereich der Hasskriminalität. Das würde eine Staatsanwaltschaft wie Baden-Baden ein Jahr lang komplett auslasten. Das Land ist vorbereitet. Zur Bekämpfung der Hasskriminalität bekommen die 17 Staatsanwaltschaften in einer ersten Tranche zwölf neue Stellen. In Spezialdezernaten sollen die Ermittlungsverfahren gebündelt werden.
Der FDP gehen die Maßnahmen nicht weit genug. Der Rechtspolitiker Nico Weinmann regt an, an einigen Gerichten im Land Kammern mit Spezialzuständigkeit für Cybercrime und Hasskriminalität zu schaffen.
SPD: Telegram unter die Lupe nehmen
Boris Weirauch (SPD) verlangt, dass vor dem Hintergrund der sogenannten Coronaspaziergänge auch die Chats im Nachrichtendienst Telegram genauer unter die Lupe genommen werden. Dafür hat Ministerin Gentges ein offenes Ohr. Sie bedauert, dass Telegram nur bereit sei, islamistische Inhalte löschen zu lassen, bei rechtsgerichteten Nachrichten habe es eine andere Haltung.