Wer ein altes Haus sanieren will, muss teils erheblich investieren und das Haus stark umbauen. Foto: picture alliance/dpa-tmn/Kai Remmers

Geerbte Häuser stehen oft auf begehrten Grundstücken, die Räume sind voller Erinnerungen. Doch sie haben durchaus einen hohen Sanierungsbedarf. Lohnt sich das – oder soll man abreißen und neu bauen?

Berlin/Köln - Das Haus von Oma und Opa ist für die Enkel oft ein Sehnsuchtsort, der mit vielen schönen Erinnerungen verbunden ist. An die Besuche bei den Großeltern, wenn Oma die Lieblingsgerichte kochte. An den großen Garten, der für die Kinder zum Abenteuerspielplatz wurde, an die Nächte im Zimmer mit den altmodischen Betten und Möbeln.

Das alles ist lange her. Immer wieder stehen Erben vor der Entscheidung: Soll ich mit meiner Familie in das Haus der Großeltern ziehen? Ist es möglich und sinnvoll, das Gebäude aus den 50er oder 60er Jahren auf einen modernen Stand zu bringen oder baut man auf dem Grundstück besser neu?

Grundsätzlich gilt: Die rosarote Brille bringt gar nichts. Auch wenn es schwerfällt, aber das Haus muss mit den Augen eines neutralen Fachmanns begutachtet werden. „Die meisten neuen Eigentümer sind sich unsicher in der Bewertung der baulichen Situation eines Gebäudes. Was auf den ersten Blick harmlos erscheint, kann sich als großer Schaden entpuppen – und umgekehrt“, sagt Ulrich Zink, Vorstandsvorsitzender des Bundesarbeitskreises Altbauerneuerung in Berlin. Das zu prüfen, kann sich aber lohnen. „Häuser aus dieser Zeit haben eine gewisse Grundsolidität. Damit dürfte die Aufrüstung auf einen attraktiven Gebäudezustand oft sinnvoll sein.“

Bei der Begutachtung sollten die Erben grundsätzlich beide Optionen im Blick haben – Sanierung und Neubau. Der Verband Privater Bauherren (VPB) rät, immer zuerst den Bebauungsplan einzusehen, denn das kann die Entscheidung beeinflussen. Während alte Gebäude Bestandsschutz haben, muss ein Neubau dem geltenden Bebauungsplan entsprechen. Da sind manche Vorstellungen vielleicht nicht möglich.

Ein Abriss kann teuer werden

„Eine Sanierung kann zwar aufwendig sein, ist aber nachhaltiger als ein Abriss. Das ist ein nicht zu unterschätzendes Argument, denn es spart Rohstoffe“, sagt Reimund Stewen vom VPB-Regionalbüro Köln. Außerdem ist der Abriss teuer und wird in Zukunft immer kostspieliger werden. Denn die Abfälle müssen aufwendig sortiert werden. „Dabei fallen hohe Entsorgungskosten an, vor allem wenn der Abfall als Sondermüll eingestuft werden muss.“

Und das kann bei Häusern aus den 50er und 60er Jahren durchaus passieren – und natürlich auch bei der Sanierung ein Kostenfaktor sein. „In dieser Zeit wurden schon Baustoffe eingesetzt, die sich im Nachhinein als problematisch erwiesen haben“, erläutert Philip Witte vom Zentralverband des Deutschen Dachdeckerhandwerks in Köln. Das sind zum Beispiel asbesthaltige Dachabdichtungen und Zement sowie Baustoffe mit PAKs (polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe) und Formaldehyd. „Schon beim Verdacht auf kontaminierte Materialien muss ein Fachunternehmen eingeschaltet werden, damit die Stoffe fachgerecht bearbeitet und sicher entsorgt werden können“, so Witte.

Diese Schadstoff-Belastung ist aber nicht automatisch bei jedem Haus aus dieser Zeit vorhanden, erklärt Ulrich Zink. Größere Belastungen sind in Häusern zu erwarten, die in den 70er und 80er Jahren gebaut wurden. Und aus Gebäuden, die schon ein- oder mehrmals saniert wurden, können schadstoffbelastete Materialien entfernt, aber auch erst eingebaut worden sein.

Daneben spielen die allgemeinen Schwachstellen eines Bauwerkes eine Rolle bei der Abwägung, ob sich die Sanierung lohnt. „Bei Gebäuden aus diesen Jahren sind das Feuchtigkeit im Keller, Schäden an der Fassade, also am Putz und an den Fenstern. Außerdem sind Schäden am Dachstuhl, und an der Dachdeckung häufig“, zählt Ulrich Zink auf. Nach den Erfahrungen des Bausachverständigen Reimund Stewen müssen in jedem Fall die kompletten Wasserleitungen erneuert werden. „Oft wurden in älteren Häusern noch Blei- oder Stahlrohre verbaut, das geht heute gar nicht mehr.“ Auch das Heizungssystem und die Stromleitungen sind nach einem halben Jahrhundert nicht mehr auf der Höhe der Zeit.

Daher sagt der Bauexperte: „Wer ein altes Haus auf einen modernen Stand bringen will, muss schon erheblich investieren. Das Haus wird dabei fast in den Rohbauzustand zurückversetzt. Das sollten sich die neuen Eigentümer von vornherein klar machen.“

Ob Omas Haus am besten saniert oder ein neues gebaut wird, lässt sich also nicht pauschal sagen. „Es spielen nicht nur finanzielle Fragen eine Rolle, auch Aspekte wie Nachhaltigkeit, Ökologie und sparsamer Umgang mit den Ressourcen müssen einfließen“, findet Altbau-Experte Zink. Vor allem aber die individuellen Bedürfnisse und Fähigkeiten der Bewohner fallen ins Gewicht.

Während sich die einen mit verwinkelten Grundrissen und kleinen Zimmern anfreunden können, brauchen andere großzügige Räumen. Schließlich geht es hier um nichts weniger als das eigene Zuhause.