Die Sportwelt freut sich auf die Olympischen Spiele 2024 in Paris. Doch eine kleine Mücke kann die Freude gründlich vermiesen: Aedes albopictus. Forscher warnen vor einer Tigermücken-Epidemie während Olympia.
Nicht nur die Terrorgefahr birgt bei den Olympischen Sommerspielen vom 26. Juli bis zum 11. August 2024 in der französischen Hauptstadt Paris ein kaum zu kalkulierendes Risiko. Auch ein kleiner, summender Parasit bereitet den Verantwortlichen große Sorgen: die Asiatische Tigermücke (Aedes albopictus).
Dengue-Fieber & Co
Hohes Fieber, Gliederschmerzen, Hautausschläge: Das sind typische Symptome von Dengue-Fieber, das im schlimmsten Fall zum Tode führen kann. Das Auswärtige Amt in Berlin rät: „Eine Chemoprophylaxe und eine spezifische Therapie existieren nicht. Eine Impfung ist verfügbar, siehe Dengue-Fieber. Schützen Sie sich zur Vermeidung von Dengue-Fieber im Rahmen einer Expositionsprophylaxe insbesondere tagsüber konsequent vor Mückenstichen. Lassen Sie sich bezüglich einer Impfung von Tropen- und/oder Reisemedizinern beraten.“
Tropenalarm in Paris? Kein Witz. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist wegen der Ausbreitung des Dengue-Virus, auch in Europa, besorgt. Das Fieber wird von Aedes-Stechmücken übertragen, die in tropischen und subtropischen Klimazonen zuhause sind. Sie verbreiten sich aber weltweit.
Seit dem Jahr 2000 habe sich die Zahl der jährlichen Fälle verachtfacht, auf geschätzt 4,2 Millionen im vergangenen Jahr, sagt Raman Velayudhan, Leiter der WHO-Abteilung für vernachlässigte Tropenkrankheiten. „Inzwischen ist die Hälfte der Weltbevölkerung einer Dengue-Gefahr ausgesetzt.“
Infektionsalarm in Paris
Fest steht: Von Tigermücken könnte bei den Olympischen Spielen im Großraum Paris eine erhöhte – und noch nicht einzuschätzende – Infektionsgefahr ausgehen. Die Insekten könnten Viren übertragen, die Dengue-Fieber und andere eigentlich in Mitteleuropa nicht vorkommende Tropenkrankheiten auslösen, und diese innerhalb weniger Tage unter den Besuchern verbreiten.
Um das zu verhindern, müssen die Mosquitos rechtzeitig bekämpft werden, warnt ein Forscherteam um Chloé Bohers vom Institut Pasteur in Paris. Ihre Studie ist im Fachmagazin „Eurosurveillance“ erschienen.
Erkrankungsrisiko Olympia
Wo sich sehr viele Menschen aufhalten, können auch mehr Viren über die Blutsauger übertragen werden. Zu Olympia werden rund elf Millionen Besucher aus aller Welt erwartet – auch aus Ländern, in denen Dengue-Viren und andere Arboviren verbreitet sind. Infizierte Besucher könnten diese Erreger zu den Spielen mitbringen und über lokale Moskitos weitergeben.
Schon jetzt werden vermehrt Dengue-Fälle in Frankreich registriert: In den ersten 3,5 Monaten dieses Jahres bereits 13-mal mehr Fälle von Dengue-Fieber als noch Anfang 2023. Schon jetzt befinden sich folglich mehr potenzielle Virenquellen in Paris als im Vorjahr, auch ohne die für Olympia anreisenden Sportler und Besucher.
Pariser Tigermücken im Visier
Wie groß das reale Risiko einer Infektion für Besucher des Mega-Sportevents tatsächlich ist, haben die Forscher genauer untersucht. Dafür fingen sie Tigermücken in Paris und analysierten, welche Viren derzeit in den Tieren vorkommen und wie schnell sich diese über Insektenstiche übertragen könnten.
Die Auswertungen ergaben, dass Tigermücken fünf Viren-Arten übertragen können:
- West-Nil-Virus
- Usutu-Virus
- Chikungunya-Virus
- Zika-Virus
- Dengue-Virus
Bei einer erwarteten Außentemperatur von 28+ Grad Celsius während der Sommermonate würde die Ausbreitung der untersuchten Viren in Paris nur wenige Tage dauern, wie die Analysen ergaben. Innerhalb von drei Tagen würde der West-Nil-Virus von einer Tigermücke auf den Menschen übertragen. Beim Usutu- und Chikungunya-Virus dauert es drei bis sieben Tagen, beim Zika- und Dengue-Virus 14 bis 21 Tage.
Rechtzeitige Insektenbekämpfung nötig
„Wenn im Großraum Paris ein Fall von Dengue-Fieber festgestellt wird, wissen wir jetzt, dass innerhalb von 21 Tagen eine Desinsektion erforderlich ist“, erklärt Anna-Bella Failloux vom Institut Pasteur. Die infizierten Mücken müssten rechtzeitig getötet werden. „Wir können diese Ergebnisse nutzen, um unseren Zeitrahmen für Maßnahmen anzupassen und unser Vorgehen zu optimieren.“
Bohers und ihre Kollegen wollen ihre Risiko-Analyse vom Großraum Paris auf ganz Frankreich ausweiten. Denn die Inkubationszeit der Viren in den Mücken kann sich zwischen den einzelnen Insektenpopulationen unterscheiden. Grund dafür sind genetische Unterschiede zwischen den Mückenschwärmen und unterschiedliche Temperaturen in ihren Lebensräumen.
Info: Asiatische Tigermücke
Erste Funde
Die wärmeliebende Asiatische Tigermücke war erstmals im September 2007 an einem Rastplatz der Autobahn A5 (Basel-Karlsruhe) bei Weil am Rhein gefunden worden. Seitdem häuften sich die Fälle, insbesondere in Südwestdeutschland.
Transportwege
Aus dem Jahr 1979 stammt nach Angaben der European Mosquito Control Association (EMCA) der erste europäische Nachweis der Tigermücke in Albanien. 1990 wurde es in einer Ladung gebrauchter Reifen aus den USA in den Hafen von Genua eingeschleppt. Auch der Campingtourismus aus Südeuropa ist bei den stechenden Globetrottern äußerst beliebt und führt zur raschen Verbreitung in nördlicheren Gefilden.
Aussehen
Die Asiatische Tigermücke (Aedes albopictus) ist eine zwischen zwei und zehn Millimeter große, auffällig schwarz-weiß gemusterte Stechmücke, die zur Gattung Aedes gehört. Sie ernährt sich von Blut und Nektar und ist in Nordamerika, Südamerika, Europa und Südostasien verreitet.
Vorkommen
Ursprünglich in den süd- und südostasiatischen Tropen und Subtropen, ist sie inzwischen in Mittel- und Südeuropa beheimatet. Unmittelbar mit der abgeschlossenen Entwicklung von der Larve zum Insekt sind die tagaktiven Tiere geschlechtsreif. Aedes albopictus kann Krankheiten wie das Zika-Virus sowie das Chikungunya- und Denguefieber übertragen.