Gemeinsam stark: In Patrick Hausding und Laura Ludwig setzt die deutsche Olympia-Delegation in Tokio auf zwei Fahnenträger. Foto: dpa/Michael Kappeler

Laura Ludwig und Patrick Hausding werden bei der Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele in Tokio die deutsche Fahne präsentieren – und dabei Emotionen wecken.

Tokio - Coronaspiele. Geisterspiele. Spiele im Nichts. Spiele der Tristesse. Schon vor der Eröffnungsfeier an diesem Freitag (13 Uhr MESZ) gibt es viele Überschriften für die olympische Geschichte, die in den nächsten zwei Wochen in Tokio geschrieben wird. Positiv besetzt ist keine. Weshalb der jüngste Auftritt von Laura Ludwig und Patrick Hausding im Medienbereich des olympischen Dorfes umso erfrischender war. Sie vermittelten mit Lust und Leidenschaft, dass man die Spiele in Japan auch anders sehen kann. Mit dem Blick der Athleten. Die Beachvolleyballerin und der Wasserspringer zeigten Flagge. Zur Tat schreiten sie bei der Eröffnungsfeier.

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Laura Ludwig (35) und Patrick Hausding (32) sind die Fahnenträger des deutschen Teams, worüber sie sich bei der offiziellen Bekanntgabe riesig freuten. Zugleich ist ihnen bewusst, was sie sich aufgeladen haben. Sie werden ihr Team zwar in ein leeres Stadion führen, wollen diese Aufgabe aber voller Emotionen angehen. „Mit Zuschauern wäre es grandioser, doch es bleibt eine ganz besondere Zeremonie. Für uns alle ist es jetzt wichtig, ein olympisches Feeling zu bekommen“, sagte Laura Ludwig, „da gemeinsam reinzugehen wird uns beflügeln, Medaillen zu holen.“ Und Patrick Hausding meinte: „Wenn wir in 30 oder 40 Jahren auf diese Spiele zurückschauen, werden viele fragen: Warum waren da keine Zuschauer? Diese Bilder werden einzigartig bleiben.“

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Über 200 deutsche Olympiastarter und rund 185 000 Fans hatten an der Wahl der Fahnenträger teilgenommen, es gab jeweils fünf Kandidaten, beide Ergebnisse wurden gleichermaßen berücksichtigt. Ludwig setzte sich mit 30,94 Prozent der Stimmen klar vor der Stuttgarter Turnerin Elisabeth Seitz (20,83) durch. Wesentlich enger ging es bei den Männern zu. Hausding (22,65) lag letztlich hauchdünn vor Turner Andreas Toba (22,58) sowie Hockeyspieler Tobias Hauke (21,83) – und meinte mit einem Lächeln: „Am Ende gewinnt eben immer derjenige mit den meisten Stimmen die Präsidentschaftswahl.“

Politisch korrekt war nicht nur das Ergebnis. Sondern auch eine wichtige Änderung. Erstmals überhaupt wird die deutsche Fahne (es gibt nur ein Exemplar) von einer Frau und einem Mann präsentiert – als Zeichen der Gleichstellung. Wer dann letztlich mehr ranklotzen muss, darüber hat Laura Ludwig ziemlich genaue Vorstellungen. „Ich hoffe, Patrick ist ein Gentlemen und übernimmt die schwere Arbeit“, sagte sie, „er hat auf jeden Fall den größeren Bizeps.“ Es ist eine Rollenverteilung, mit welcher der Wasserspringer gut leben kann: „Wichtig ist nur, dass die Fahne nicht kaputtgeht oder runterfällt. Und wir dürfen nicht über unsere Füße stolpern.“

Die Art und Weise, wie sich Ludwig und Hausding auf dem Podium die Bälle zuspielten, machte deutlich, dass es die beiden Richtigen für diese ehrenvolle Aufgabe getroffen hat. Und ihre Vita spricht sowieso für sie. Der Gold-Coup von Laura Ludwig mit ihrer damaligen Partnerin Kira Walkenhorst im Sand der Copacabana war aus deutscher Sicht einer der emotionalen Höhepunkte der Spiele 2016 in Rio de Janeiro, das die extrovertierte Abwehrspezialistin entsprechend feierte. Mittlerweile spielt Ludwig mit Margareta Kozuch, eine erneute Medaille käme eher überraschend. Im Vergleich zu der Beachvolleyballerin ist Hausding ein eher zurückhaltender Typ, und dennoch zählt er seit einem Jahrzehnt zur Weltklasse im Turmspringen. 2008 holte er in Peking Olympia-Silber, vor fünf Jahren in Rio Bronze. Nun kommt ein Auftritt hinzu, für den es keine Medaille gibt. Dafür aber einen guten Ratschlag.

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In Peking trug Dirk Nowitzki die deutsche Fahne ins Olympiastadion. Die überschwängliche Begeisterung, die der Basketball-Superstar damals zeigte, ist jedem im Gedächtnis geblieben, der ihm dabei zugeschaut hat. Nun wandte sich Nowitzki vor der Eröffnungsfeier an seine Nachfolger. „Auch wenn die Spiele von Tokio ganz anders werden als alle davor: Macht trotzdem eure Augen auf. Guckt nach rechts und links. Saugt das Besondere auf“, sagte Nowitzki. „Diese Momente sind schnell vorbei. Vergesst nicht, sie zu genießen!“ Egal, wie negativ die Überschriften sind.