Einer von rund 60 Oldtimern: Ernst Krauss hat mit seinem Alfa Romeo bei der Leo-Motor-Classic teilgenommen. Mit an Bord beim Oldtimertreffen: Beifahrer Daniel Fritzsche. Mehr Fotos gibt es in der Bildergalerie. Foto: Simon Granville

Zum 27. Mal wurde der Marktplatz in Leonberg zu einem Mekka für Oldtimerfans. Bei der Leo-Motor-Classic stehen die auf Hochglanz polierten Schmuckstücke im Fokus – aber nicht nur.

Was für ein Bild! Lauter alte Autos zwischen alten Fachwerkhäusern. Mittendrin: viele, viele Menschen. Die einen werfen einen letzten prüfenden Blick in den Motorraum ihres auf Hochglanz polierten Oldtimers, ehe dieser gleich auf die rund 90 Kilometer lange Rundfahrt geht.

Die anderen bewundern die circa 60 Fahrzeuge auf dem Marktplatz in Leonberg, machen Fotos, plaudern mit den Besitzerinnen und Besitzern. Oder sitzen am Rand in einem der Gastrobetriebe und beobachten das Treiben, während sie frühstücken oder einen Kaffee trinken. Die Stimmung ist super bei der 27. Leo-Motor-Classic, und die Erleichterung ist groß, als sich am Sonntagvormittag am Himmel die Sonne zeigt – und die grauen Wolken sich zurückhalten.

Der Motorklang bringt Oldtimerfans zum Schwärmen

„Im Regen fahre ich nicht mehr und auch im Winter nicht“, erzählt Ernst Krauss. Der Oldtimerfan nimmt mit seinem 52 Jahre alten, auffällig blauen Alfa Romeo 1600 Zagato mit Holzlenkrad und altem Funkgerät an der Veranstaltung teil. Das restaurierte Fahrzeug, von dessen Version es nur 402 Stück gibt, sei stark rostanfällig, meint Daniel Fritzsche, der Beifahrer in dem schnittigen Zweisitzer. Der bei Tempo 120 „saulaut“ ist, wie Ernst Krauss berichtet.

Beim Thema Motorklang geraten die zwei ins Schwärmen. Als schön, konkret: röhrend beschreiben sie ihn. Und dass das Auto keinen Schnickschnack hat, weder eine Klimaanlage noch ABS oder Servolenkung, beeinträchtige das Fahrgefühl nicht, im Gegenteil: „Genau deshalb macht es Spaß zu fahren“, sind sie sich einig. „Und man fühlt sich etwas jünger, wenn man in so einem Auto sitzt.“

Ernst Krauss fährt den blauen Alfa Romeo seit 1979. Foto: Simon Granville

Gekauft hat sich Ernst Krauss den Alfa Romeo anno 1979, als er anfing, beim Autozulieferer Bosch zu arbeiten. An den Preis erinnert sich der 69-Jährige noch genau: 12 000 Mark. Mittlerweile ist der Wert des Autos deutlich gestiegen. Ein Kommilitone, der damals Meister in einer Alfa-Romeo-Werkstatt war, hatte ihm die Marke empfohlen. Prompt entdeckte Ernst Krauss ein entsprechendes Inserat – und legte 1000 Mark hin, damit das Auto aus Italien herkommt. Gesehen hatte er es erst bei der Ankunft.

Fortan steckt Ernst Krauss viel Zeit und Geld in den Oldtimer. Um Kleinigkeiten kümmere er sich selbst, bei größeren Sachen muss das Auto in die Werkstatt. „Es ist nicht einfach, Teile zu bekommen“, sagt der 66-Jährige Fritzsche. Er selbst trennte sich von seinem Oldtimer, als er Vater wurde.

Der Oldtimer „macht mich glücklich“, erzählt einer bei Leo-Motor-Classic

Auch Roland Schrickel liebt die „Geräuschkulisse“ seines Oldtimers, eines Chevrolet Blazer K5, Baujahr 1985. Das Fahrzeug sei schlicht und robust und „macht mich glücklich“, meint der 55-Jährige aus Leonberg. Er, der bei einem Automobilhersteller arbeitet, habe schon als Kind und Jugendlicher von einem solchen Auto geträumt. Damals, erinnert er sich, seien noch GIs, amerikanische Soldaten, durch die Straßen gefahren.

Übersehen lässt sich das Auto nicht, ein „wunderschönes, amerikanisches Militärfahrzeug“ mit US-Army-Tarnlackierung, wie Schrickel meint. Vor drei Jahren ersetzte es den Oldtimer-Porsche des 55-Jährigen. „Das Leben verändert sich“, sagt Roland Schrickel. Er nutzt den Chevrolet, anders als den Porsche, sowohl im Alltag – „man muss schon einparken können“ – als auch im Garten, „wie einen Traktor“. Schrickel sagt, er erhalte im Straßenverkehr viel positives Feedback. Dass er an dem Fahrzeug so viel wie möglich selbst repariert, ist für ihn selbstverständlich. Für einen Oldtimer müsse man „schrauberische Voraussetzungen“ mitbringen. Das Zubehör besorgt er sich aus den USA und über Gruppen im sozialen Netzwerk Facebook. „Die Teile sind oft teurer und rarer als Porscheteile“, stellt er fest.

Roland Schrickel und sein Militärfahrzeug. Foto: Simon Granville

Kurz nach 11 Uhr wird es auf dem Marktplatz richtig laut. Die Fahrerinnen und Fahrer der Oldtimer starten zur Ausfahrt nach Pforzheim. Die Motoren dröhnen, Benzingeruch liegt in der Luft als die Phalanx der alten Fahrzeuge Gas gibt. Petra Goldberg und Marcus Faatz von der Werbegemeinschaft „Faszination Altstadt“ sind zufrieden. Das Wetter sei gerade für die Nachmeldungen wichtig, meint Marcus Faatz, der Neue an der Spitze der Werbegemeinschaft.

Damit die Besucher am Sonntag bis zur Preisverleihung um 16 Uhr bleiben – die Teilnehmer beantworten auf der Tour Fragen – gibt es Livemusik, und von 13 Uhr an öffnen die Geschäfte. Zudem findet traditionell das Kirchplatzfest statt.

„Wir wollen und müssen unsere Altstadt beleben“, sagt Petra Goldberg: Die Besucher sollen nach der Veranstaltung am Sonntag gern auf den Marktplatz zurückkommen. Marcus Faatz betont, auch das Soziale sei in diesem Zusammenhang nicht zu unterschätzen: Den Oldtimerfahrern sei der Austausch wichtig und das Fachsimpeln mit den Besuchern über technische Details.