Olaf Scholz spricht zur Stunde im Esslinger Neckar Forum. Gleich zu Beginn der Veranstaltung kritisiert der SPD-Kanzler seinen Herausforderer im Bundestagswahlkampf, Friedrich Merz (CDU).
Eines sei ihm wichtig vorweg zu sagen, denn es sei etwas passiert im Land, das ihn bewege, sagte Kanzler Olaf Scholz (SPD) zu Beginn seines Auftrittes an diesem Donnerstagabend in Esslingen. „Denn es gehört doch schon zu den Traditionen unseres Landes, dass wir im Umgang mit den demokratischen Parteien ein paar Grundsätze haben. Und zu diesen Grundsätzen zählte seit vielen Jahrzehnten, dass es keine Zusammenarbeit gibt mit den extremen Rechten.“
Damit kritisierte der Kanzler gleich in der Eröffnungsrede die Abstimmung der CDU im Bundestag mit der AfD in Fragen der Migration. Dem CDU-Kandidaten Friedrich Merz könne man nicht mehr trauen. Scholz betonte, die Bundesregierung habe große Erfolge erzielt bei der Eindämmung der irregulären Migration. „Wir haben toughe Entscheidungen getroffen.“
In der Veranstaltung konnten Besucher Fragen stellen. Auch hier ging es unter anderem um das mögliche Verbot der AfD, Wirtschaftspolitik, Außenpolitik und Wahlkampf.
700 Personen wurden erwartet
Der Kanzler ist zur Stunde noch beim „Town Hall Meeting“ im Neckar Forum. Die Aufregung war schon Stunden zuvor zu spüren, die Gäste strömten schon lange vor dem prominenten Gast in die Veranstaltungshalle. 700 Personen waren erwartet worden, gekommen sind wohl etwas weniger. Vor Ort sind zahlreiche Bürgerinnen und Bürger, aber auch SPD-Politiker wie die Direktkandidatin für den Bundestag im Wahlkreis Esslingen, Argyri Paraschaki-Schauer, und ihr Kollege im Wahlkreis Nürtingen, Nils Schmid.
Schon im Bundestagswahlkampf 2021 war Scholz nach Esslingen gekommen, damals für einen Auftritt auf dem Marktplatz. Schon vor einigen Tagen sagte Paraschaki-Schauer, die erneut den Kontakt geknüpft hatte: „Damals haben viele unseren Kanzler von einer sehr persönlichen Seite kennengelernt. Dazu wollen wir auch diesmal Gelegenheit bieten.“ Ähnliche Hoffnungen formulierte am Donnerstagabend Ingrid Kaesler-Gorertzki (SPD-Mitglied), die am Mittag vor dem Scholz-Besuch noch auf dem Marktplatz von Winnenden am Stand der SPD gestanden hatte. „Ich würde gerne sehen, wie Olaf Scholz als Person ist. Er wirkt ja eher besonnen.“
Gäste erwarten Abgrenzung zu Merz und den Rechten
An den Auftritt waren aber auch konkrete inhaltliche Erwartungen geknüpft. Matthias Klopfer erwartete eine klare Abgrenzung zu Merz. Auch er hob auf das Image der Besonnenheit ab. Seine Eltern beispielsweise fänden das sehr gut, sagte der Esslinger Oberbürgermeister (SPD) direkt vor Veranstaltungsbeginn. Hauptthema sei, die Anhängerschaft zu mobilisieren. Klopfer brachte das goldene Buch der Stadt Esslingen mit ins Neckar Forum, wo Scholz sich eintragen sollte. Außerdem eine Flasche Kessler-Sekt.
Der langjährige Stadtrat Andreas Koch (SPD) erwartete Zuspruch und Ermutigung für den Wahlkampf, der nicht ganz einfach sei. „Die Leute haben keine große Lust, sich mit Parteien abzugeben. Überall trifft man auf Skepsis.“ Ähnlich die Eindrücke, die SPD-Mitglied und Wahlkämpfer Bernd Lörz schilderte, der von einem aggressiven Wahlkampf berichtete: „Die Stimmung ist extrem geladen.“
Zudem hatten bereits in der Nacht zuvor Unbekannte öffentlich ihre Forderungen an den Kanzler, aber auch den Grünen-Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann deutlich gemacht, der zur gleichen Zeit wie Scholz in Esslingen auftrat, allerdings im CVJM-Lutherbau. Mit Kreide waren auf den Boden vor den Veranstaltungsstätten Forderungen geschrieben wie: „Keine Koalition mit der CDU“ und „Menschenrechte verteidigen“. Die Aktion ist als Reaktion auf die bereits genannte Migrationsdebatte im Vorfeld der Bundestagswahl zu verstehen.
Ob der Kanzler alle diese Erwartungen erfüllen kann, wird sich erst bis zum Ende der Veranstaltung herausstellen, die zum Zeitpunkt der Veröffentlichung noch andauert.