Drei Generation: Werner Brunner mit Tochter Birgit Grupp und Enkelin Ayleen Brunner im neuen Restaurant Brunner am Rotebühlplatz. Foto: Hochburg/Pauline Bonnke

In Stuttgart gibt’s den Österreichischen Platz – und jetzt auch wieder ein österreichisches Restaurant. Die Familie Brunner verspricht „a bisserl Genuss“. Mit Freunden und Kollegen feiert sie nach zweijährigem Warten den Start.

Am Ende ging alles doch sehr schnell. Ihr Plan, im Eckhaus am Rotebühlplatz, in einem früheren Sushi-Lokal zwischen Calwer Straße und Calwer Passage, das österreichische Restaurant Brunner zu eröffnen, das klassische Gerichte auf moderne Weise interpretiert, ist zwei Jahre alt: Dass Paulaner-Wirtin Birgit Grupp, ihre Nichte Ayleen Brunner und deren Lebenspartner Jakob Transier so lange auf den Start warten mussten, ist für Stuttgart nicht neu. Da mahlen die Mühlen beim Baurechtsamt langsam.

Als wolle das Rathaus die Gastronomiefamilie Brunner mit Wurzeln in Kärnten doch noch vor dem Fest bescheren, kam kurz vor Weihnachten die Baufreigabe. Das Betreiberpaar plus Birgit Grupp reagierten schnell. Erst lud das Trio Familie, Freunde und Kollegen am Samstag zur Eröffnungsfeier des Restaurants Brunner „mit Stehachterl und Stibitzereien“ in die wunderschön renovierten Räume im historischen Haus ein, also zum Probieren von österreichischen Spezialitäten, dann legte es den ersten offiziellen Starttag auf den Mittag des Heiligen Abends.

Die Liebe hielt den Österreicher Werner Brunner in Stuttgart

Aus Kärnten reisten Irmgard und Werner Brunner an, die in Stuttgart Gastrogeschichte geschrieben haben. Der Vater von Birgit Grupp ist Konditor. Eigentlich wollte er in den 1970ern in den hohen Norden nach Hamburg ziehen, doch in Stuttgart lernte er die technische Zeichnerin Irmgard kennen - die Liebe hielt ihn also bei den Schwaben. Die beiden eröffneten das Seecafé in Weil im Schönbuch. „Papa hat Kuchen gebacken, und Mama hat gekocht“, berichtet die Tochter, „sonntags sind die Leute Schlange gestanden nach den Backwaren.“

Danach wechselten die Brunners in das Excelsior, das sie als vegetarisches Restaurant hinter dem Haus der Wirtschaft betrieben haben. Nicht so gut lief das Restaurant Brunner Anfang der 80er Jahre im Schwabenzentrum, weil das Umfeld nicht so gut gewesen war. 1987 kam das Hotel Sautter dazu, 1994 das Paulaner und 1996 der Ratskeller, in dem die Familie bis zur Schließung 2016 blieb. Auch auf dem Stadtfest, Weindorf und auf dem Weihnachtsmarkt schätzte man die Gastfreundschaft der Brunners. Seit ihrer Hochzeit heißt die Tochter Birgit Grupp. Im neuen Lokal illustrieren Fotos die Familiengeschichte.

Vor dem Brunner-Eingang (von links): Ayleen Brunner, Irmgard und Werner Brunner, Birgit Grupp, Jakob Transier. /Pauline Bonnke

Der Enkelin Ayleen war es wichtig, dass das österreichische Restaurant den Familiennamen Brunner trägt. „Ich sagte ihr, nimm doch einen modernen Namen“, sagt Irmgard Brunner bei der Eröffnungsfeier, bei der viele Gastrokollegen wie Juan Blanco del Rio, der Inhaber des spanischen Restaurants José y Josefina, mitfeiern, aber auch Hochburg-Chef Fabian Schmutzer, Winzer Thomas Diehl, der Handballspieler und TVB-Stuttgart-Pressesprecher Philipp Porges sowie Innenarchitekt Cyrus Ghanai, einer der erfolgreichsten Einrichter der Stadt, der das Brunner modern, gemütlich, detailreich und mit schönen Ecken für Stammtischrunden gestaltet hat. Filz ist an der Wand, aber auch an der Decke zum Schallschutz.

Der Österreichischer Platz trägt seinen Namen seit 1957

Habe die Ehre! Laut Einwohnerstatistik leben knapp 3000 Österreicher in Stuttgart. Die Zahl der Ösi-Fans ist freilich viel größer – viele haben die österreichische Küche vermisst. Stuttgart hat den Österreichischen Platz (er heißt seit 1957 so), den Mythos Porsche mit österreichischen Verflechtungen und Mercedes, dessen Markennamen auf Emil Jellinek zurückgeht, auf den österreichisch-ungarischen Geschäftsmann, nach dessen Tochter Mercedes das berühmte Auto benannt worden ist. Und Stuttgart hat noch mehr.

Köstlichkeiten aus der österreichischen Küche bei der Eröffnung. /PAULINE BONNKE

Was nur wenige wissen: 14 Jahre lang war Stuttgart eine österreichische Stadt. Herzog Ulrich von Württemberg lebte dereinst egoistisch und zügellos. Sein aufwendiger Lebensstil verschlang hohe Summen in der Staatskasse. Das bettelarme Volk wollte ihn loswerden. Der Schwäbische Bund, ein Zusammenschluss süddeutscher Reichsstände, verbannte den skrupellosen Herrscher schließlich. Kaiser Karl V. unterstellte daraufhin im Jahr 1520 Württemberg dem Haus Habsburg. 14 Jahre lang blieben die Österreicher und machten das Land schuldenfrei. 1534 kehrte Herzog Ulrich zurück und gewann die Schlacht gegen den österreichischen Statthalter.

Noch ein Eindruck von der Eröffnungsfeier. /Pauline Bonnke

Wäre dieser Kampf anders ausgegangen, wer weiß, vielleicht wäre Stuttgart heute österreichisch und würde Erdäpfel statt Grombira verspeisen. Stuttgart braucht keinen Kaiser – sein Schmarrn macht viele schon glücklich. Dass der im neuen Brunner außergewöhnlich gut ist, davon konnten sich die Gäste bei der Eröffnungsfeier überzeugen. So sind die Ösis halt: Sie lieben Süßes als Hauptgericht – und viele Stuttgarter eben auch.