Österreichs Kanzler Sebastian Kurz Foto: AFP/JOE KLAMAR

Kanzler Kurz sieht sich Korruptionsvorwürfen ausgesetzt. An Rücktritt denkt er nicht. Der Fall wird die politische Polarisierung in Österreich noch weiter anheizen, glauben Politologen.

Wien - Österreichs Kanzler Sebastian Kurz will trotz der Korruptionsermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen ihn im Amt bleiben. Das bekräftigte der Regierungschef am Mittwochabend in der ORF-Nachrichtensendung „ZiB2“. Es gebe überhaupt kein Indiz dafür, dass er persönlich zum Beispiel in die Beauftragung für ihn günstiger Meinungsumfragen oder in das Schalten von Inseraten verwickelt sei, sagte Kurz. „All diese Vorwürfe, die es da gibt, richten sich gegen Mitarbeiter des Finanzministeriums.“ Dass Umfragen zu seinen Gunsten manipuliert worden seien, sei schon deshalb abwegig, weil Dutzende Umfragen im fraglichen Zeitraum 2016 ganz ähnliche Werte für Parteien und Politiker ergeben hätten.

Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKSTA) hatte am Mittwoch das Kanzleramt, das Finanzministerium und die ÖVP-Zentrale durchsuchen lassen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Kurz und einige seiner engen Vertrauten wegen des Verdachts der Untreue, der Bestechung und der Bestechlichkeit. Das Team um den 35-jährigen Regierungschef soll sich seit 2016 mit Steuermitteln eine positive Berichterstattung in einem Boulevard-Medium erkauft haben, um so den Weg von Kurz an die Parteispitze und ins Kanzleramt zu ebnen. Eine wichtige Rolle bei der Beschaffung der Gelder soll ein Kurz-Vertrauter im Finanzministerium gespielt haben.

Polarisierung im Land werde weiter angeheizt

Die Mediengruppe bestreitet die Vorwürfe. Es habe zu keinem Zeitpunkt eine Vereinbarung zwischen der Mediengruppe ÖSTERREICH und dem Finanzministerium über eine Bezahlung von Umfragen durch Inserate gegeben, teilte das Unternehmen mit.

Der österreichische Politikwissenschaftler Peter Filzmaier geht davon aus, dass Kurz die Ermittlungen politisch zwar zunächst überstehen kann. Dass er an seinem Amt festhalte, werde aber die Polarisierung im Land weiter anheizen, sagte Filzmaier in der „ZiB2“. Das wahrscheinlichste Szenario sei, dass sich die Politik und die Öffentlichkeit nun monate- oder gar jahrelang - bis zum Abschluss des Verfahrens - mit der Frage beschäftigen werde, ob der Kanzler schuldig oder unschuldig sei. Die größten Risiken für Kurz bestünden im Verhalten des grünen Koalitionspartners und in dem der weiteren Beschuldigten. Sollte aus dieser Gruppe jemand Belastendes aussagen, würde eine neue Lage entstehen.