Die Trasse sollte an der Kläranlage vorbeiführen, das bestehende Feld- und Radwegenetz als Basis dienen. Foto: Archiv (Werner Kuhnle)

Der Gemeinderat spricht sich gegen Bau einer Parallelstrecke zur oft verstopften Straße von Murr nach Marbach aus. Damit liegt das Projekt auf Eis, in der Nachbarschaft ist man verschnupft.

Für den ÖPNV im Bottwartal zählt der Abschnitt zwischen Marbach und Murr auf der Landesstraße 1100 zu den kniffligsten Stellen überhaupt. Angesichts des hohen Verkehrsaufkommens stecken die Busse hier oft im Stau fest. Eine wesentliche Verbesserung sollte eine parallele, separate Spur jenseits der Murr bringen. Voraussetzung für die Realisierung war aber, dass alle Kommunen zwischen Beilstein und Marbach dem Projekt zustimmen und sich an den Kosten beteiligen. Genau diese Bedingung kann nun nicht mehr erfüllt werden: Der Steinheimer Gemeinderat hat sich am Dienstag mit knapper Mehrheit gegen den Bau der Strecke ausgesprochen.

Knackpunkt für die Kritiker aus verschiedenen Fraktionen war insbesondere der Umstand, dass man damit wohl nur befristet Zeit für die Pendler gewinnt, das Problem also nicht auf Dauer und nicht im Grundsatz gelöst wäre, man aber dennoch insgesamt etwas mehr als eine Millionen Euro hätte investieren müssen. „Die nachhaltige Lösung für das strukturelle Verkehrsproblem im Bottwartal hat einen anderen Namen: sie heißt Bottwartalbahn“, betonte Rainer Breimaier (Grüne). Die mögliche Schienenverbindung zwischen Marbach und Heilbronn überschreite nun laut einem neuen Gutachten allem Anschein nach deutlich die Schwelle der Förderfähigkeit. Das ändere die Grundlage für die Entscheidung zur Busspur, die ein Teil seiner Fraktion nun als lediglich provisorisches Hilfsmittel ablehne.

Nadelöhr an Nadelöhr

Geschlossen Nein sagte sogar die SPD, die ebenfalls voll auf den Neubau einer Schienenstrecke von Marbach nach Heilbronn setzt. Der Freie Wähler Timo Renz gab zudem zu bedenken, dass der ÖPNV vielleicht durch die Parallelstrecke Zeit gutmache, aber kurz darauf schon im nächsten Nadelöhr feststecken würde: der Oehlerkreuzung, die in den nächsten Jahren zudem noch umgestaltet, also zur Baustelle werden solle.

Regelrecht fassungslos reagierte auf diese Haltung der Ratskollegen der CDU-Mann Jürgen Weis. Das Landratsamt präsentiere endlich eine Lösung mit großem Nutzen für verhältnismäßig wenig Geld, und die werde abgelehnt. Bürgermeister Thomas Winterhalter betonte auch, dass das Geld gut angelegt wäre. Und die Bottwartalbahn fahre frühestens in 15 Jahren. Axel Meier, Fachbereichsleiter Verkehr im Landratsamt Ludwigsburg, warnte außerdem davor, sich in Sachen Bottwartalbahn falsche Hoffnungen zu machen. Hier müssten auch die Kommunen im Landkreis Heilbronn mitziehen. Man müsse sich überdies auf „massive Diskussionen mit Anwohnern“ einstellen. Es würden auch zig Jahre ins Land gehen, bis tatsächlich Züge rollen könnten. Über die Busspur lasse sich indes nun mit relativ wenig Aufwand eine deutliche Verbesserung für den ÖPNV erzielen. Argumente, die aber bei der Mehrheit des Gremiums nicht zogen.

Finanzierung ist der Knackpunkt

Damit liegt das Vorhaben auf Eis, auch wenn vorher alle anderen Kommunen zugestimmt hatten – abgesehen von Oberstenfeld, wo das Thema noch nicht abschließend beraten wurde. Knackpunkt ist die Finanzierung. Der Landkreis übernehme generell bei solchen Projekten, die der Beschleunigung des Busverkehrs dienten, die Hälfte des anfallenden Betrags, erklärt Caren Klatt, Persönliche Referentin des Landrats. Allerdings nur, wenn die Kommunen die anderen 50 Prozent schultern. „Einigen sich also die Kommunen nicht auf eine gemeinsame Finanzierung, kann das jeweilige Projekt nicht umgesetzt werden“, konstatiert Klatt. Durch das Nein aus Steinheim werde die Busspur bei Marbach folglich fürs Erste nicht weiterverfolgt. Sollte je zu einem späteren Zeitpunkt ein neuer Anlauf von den Kommunen unternommen werden, „stehen wir gerne zur Verfügung“. Klatt hebt zudem hervor, dass die Kreisverwaltung die Entscheidung in Steinheim bedauere. „Die Busspur wäre ein wichtiger Baustein zur Stärkung des ÖPNV und des Klimaschutzes“, betont Klatt.

Marbacher Bürgermeister sieht „schweren Schlag“ für Zusammenarbeit

Das findet auch der Marbacher Bürgermeister Jan Trost, der über den Beschluss der Nachbarkommune nicht amused ist. Die Stadt Steinheim habe mit ihrem Beschluss die Solidargemeinschaft zu ÖPNV-Verbesserungen aufgekündigt „und der bislang guten interkommunalen Zusammenarbeit einen schweren Schlag versetzt“. Trost denkt, dass das Votum Auswirkungen auf die Bottwartalbahn hat, zumal es dort um Millionenbeträge gehe. „Auch das Projekt der Bottwartalbahn funktioniert nur gemeinsam interkommunal. Wenn eine Kommune wie jetzt Steinheim die Gemeinschaft aufkündigt, bleibt die Bottwartalbahn Utopie“, erklärt er. Sein Murrer Amtskollege Torsten Bartzsch bedauert die Entscheidung in Steinheim ebenfalls. Er halte es für falsch, auf die Reaktivierung der Bottwartalbahn „zu spekulieren und bis dahin nicht in eine Verbesserung des vorhandenen ÖPNV zu investieren“.

Wie viel Zeitersparnis die Spur bringen könnte

Verlauf
 Die Busspur zwischen Marbach und Murr sollte größtenteils auf dem vorhandenen Feld- und Radweg entlang der Kläranlage führen und dann auf die Straße von Murr nach Steinheim stoßen. Die Strecke sollte auf eine Breite von sechs Metern ausgebaut werden, damit sich Busse begegnen und Pedaleure passiert werden können.

Ersparnis
 Die Kosten wurden auf knapp 1,1 Millionen Euro geschätzt, vom Land winkte eine hohe Förderquote, den Rest müssten Landkreis und die Kommunen stemmen. Der Bau war für 2025 anvisiert. Fachleute gehen davon aus, dass die Busspur je nach Fahrtrichtung einen Zeitgewinn zwischen 60 und 200 Sekunden bringen würde. In dem Korridor pendeln täglich mehr als 5000 Fahrgäste mit Bussen.