Quelle: Unbekannt

Von Katja Köhler

Wenn man von Süden her mit dem Auto zur Landesgartenschau nach Öhringen fährt, gibt es zwei Möglichkeiten: fix über die Autobahn via Heilbronn oder gemütlich über die B 14 an Backnang und Murrhardt vorbei, schließlich über Landesstraßen quer durch den Mainhardter Wald, entlang an winzigen, aber schmucken Örtchen mit Namen wie Ober- und Untergleichen - und viel, viel Wald. Letztere Alternative ist eindeutig die stimmungsvollere, denn sie führt Besucher aus dem urbanen Neckartal langsam, Kurve um Kurve und Kilometer für Kilometer, an die ländlich geprägte Gegend des Hohenlohischen heran.

Nach den Weilern auf den Höhen liefert Öhringen mit seinen knapp 23 000 Einwohnern in der tiefer liegenden Ebene durchaus städtischen Kontrast. Im Vergleich mit Schwäbisch Gmünd, wo vor zwei Jahren die bislang letzte Landesgartenschau stattfand, fällt hier alles eine Nummer kleiner aus. Aber im beschaulichen Öhringen musste auch keine vielbefahrene Bundesstraße unter die Erde gelegt werden, damit die Stadt überhaupt erst wieder atmen konnte - für die Ruhe hätte es als letzten Anstoß keine Gartenschau gebraucht. Hier läuft alles etwas gemächlicher ab.

Immerhin, 28 Millionen Euro sind an Investitionen nach Öhringen geflossen, dazu kommen zehn Millionen für die Durchführung der Landesgartenschau. Dieses Geld hat dem Städtchen, dessen erste offizielle Erwähnung als Oringowe aus dem Jahre 1037 stammt, zweifellos gutgetan. Sauber, hübsch und geprägt durch jahrhundertealte Gebäude erlebt das ländliche Öhringen dieses Jahr einen bislang wohl einmaligen Besucheransturm. 400 000 Gäste sollen es seit der Eröffnung der Landesgartenschau im April gewesen sein. Für die gesamte Saison - die Schau geht am 9. Oktober zu Ende - rechnen die Veranstalter mit 750 000 Besuchern. Mit ihren mittelalterlichen Bauwerken ist die historische (und überschaubare) Innenstadt einen Rundgang wert. Der Italiener auf dem Marktplatz freut sich über den Zulauf durch die Schau: An diesem sonnigen Mittag sind sämtliche Tische und Stühle draußen belegt.

Skulpturen, Bäume, Spielplatz

Und dann geht es los - und das furios. Wer den Eingang zur Landesgartenschau hier im Zentrum Öhringens wählt, beginnt mit dem vielleicht spannendsten Teil der Ausstellung: dem 300 Jahre alten Hofgarten zwischen dem Renaissance-Schloss und dem barocken Hoftheater - ein Park voller Skulpturen, Blumen und hoher Bäume, die ein eindrucksvolles Ensemble zwischen ehrwürdigem Gemäuer und gepflegter Gartenkunst bilden. Für Erwachsene mag das Flanieren über die Wege ein Genuss sein, Kinder bevorzugen den benachbarten Teil, wo der markante Gräser-Spielplatz auf sie wartet. Kurz dahinter können alle ihre gegebenenfalls heiß gelaufenen Füße in einem Wassertretbecken abkühlen.

Die Landesgartenschau selbst steht unter dem Motto „Der Limes blüht auf!“. Und Blühendes ist in der Tat fast überall zu finden: im städtischen Hofgarten, in der Cappelaue sowie im Hofgut, den drei prägenden Teilen der Landesgartenschau. Besucher orientieren sich bei ihrem Weg durch die Schau an der Ohrn, einem harmlos scheinenden Flüsschen, das anlässlich der Landesgartenschau renaturiert wurde und zu Hochwasserzeiten in verschiedenen Jahrhunderten aber auch schon für beeindruckende Überflutungen gesorgt hat - eine gusseiserne Tafel nahe der Stadtmauer berichtet davon.

Überhaupt, die Ohrn: Sie kommt zwar nicht im Motto vor - zur Erinnerung: „Der Limes blüht auf!“ -, stiehlt dem römischen Grenzwall aber die Schau. Sie ist hier der eigentliche Star: Mal mehr, mal weniger gluckernd und glucksend mäandert sie durch die Schau und gibt den Besuchern die Richtung vor, wenn sie von der Stadt im Westen über die Auen etwa drei Kilometer in Richtung Hofgut im Osten spazieren. Sie ist fast überall präsent und auch Erlebnisteil der Schau, beispielsweise als Strandbad. An einem Nebenarm in den Cappelauen können Kinder Schiffchen fahren lassen und so den Verlauf des Wassers verfolgen. Auf einem ebenfalls von der Ohrn gespeisten kleinen See führt ein Steg mitten hinein, um etwa die Füße ins Wasser hängen zu lassen.

Und was ist nun mit dem Limes? Den trifft man ungefähr auf der Hälfte des Weges, dann allerdings unübersehbar: Eine wuchtige rotlaubige Hecke und daneben ein rotblühendes Blumenband verlaufen über 450 Meter quer zur Ohrn, so dass der Wanderer durch die Gartenschauwelt den symbolisierten römischen Grenzwall gewissermaßen durchbrechen muss, um seinen Weg fortzusetzen. Gut ist allerdings, wenn man auch weiß, dass die Pflanzenmauer den vor 2000 Jahren erbauten, schnurgeraden Limes nachbildet: Andernfalls spaziert der ahnungslose Gartenschaubesucher durch die massive Hecke hindurch und nimmt sie vielleicht lediglich als gehobene Gartenkunst zur Kenntnis.

Feste Schuhe sind von Vorteil

Sportlich ambitionierten Gartenschaubesuchern sei ans Herz gelegt, mit festen Schuhen anzureisen: Wer mit Sandalen den Kletterturm besteigen will, könnte Schwierigkeiten bekommen - das Personal ist angewiesen, nicht nur auf die Verletzungsgefahr hinzuweisen, sondern schlecht ausgerüstete Gäste notfalls von ihrem Vorhaben abzubringen. Festes Schuhwerk empfiehlt sich auch für Nutzer der nahe dem Strandbad gelegenen Skateanlage. Sie steht ohne zusätzliche Kosten zur Verfügung.

Kontrastprogramm auf mehreren Ebenen: Zwischen der Gartenkunst in der Stadt und der blühenden Vielfalt im Hofgut am anderen Ende der Gartenschau wird es, wie es sich fürs Hohenlohische gehört, richtig ländlich: Hier lassen sich schwarzer Winteremmer, Einkorn oder auch Sommer- und Winterhafer erforschen - optisch und haptisch: An jeder Station stehen große Weckgläser, gefüllt mit Körnern, die man in die Hand nehmen und so deren Struktur erfühlen kann.

So ein Tag auf der Landesgartenschau bombardiert das Hirn mit vielerlei Eindrücken. Da entscheidet man sich auf dem Heimweg dann doch für die vermeintlich schnellere Route über die Autobahn - um dann auf der A6 erst einmal im Stau zu stehen. Nach einem entspannten Tag wie diesem macht das allerdings nur wenig aus.

hinweise

Die Landesgartenschau in Öhringen hat noch bis 9. Oktober 2016 täglich von 9 bis 19 Uhr geöffnet; das Gelände kann auch danach über Drehkreuze verlassen werden.

Die Anreise aus dem Raum Esslingen/Stuttgart mit dem Auto dauert gut eine Stunde; Empfehlung: die Route über den Schwäbischen Wald, ansonsten über die A 81 und die A 6. Mit dem Zug dauert die Anreise zwischen 90 und 120 Minuten mit Umstieg in Heilbronn.

Eine Tageskarte für Erwachsene kostet 16,50 Euro, ermäßigt 13,50 Euro; eine Tageskarte für Kinder (6 bis 17 Jahre) 4,50 Euro; dazu gibt es verschiedenen Familienrabatte.

Die neue Skateanlage steht kostenlos zur Verfügung und kann mit Longboards, Pennyboards oder Rollerblades befahren werden.

Der Kletterturm kostet extra. Preise für Kinder zwischen 3 und 5 Jahren: 2 Euro; Kinder zwischen 6 und 17 Jahren: 5 Euro; Erwachsene 8 Euro (DAV-Mitglieder 7 Euro).