Ewan McGregor stapft wieder als Obi-Wan Kenobi durch den Wüstensand von Tattooine Foto: Disney

Die Serie „Obi-Wan Kenobi“ schließt eine Lücke in der neunteiligen „Star Wars“-Filmreihe. Die ersten beiden Episoden bieten Licht und Schatten, erzählerisch wie filmisch.

Zwischen den „Star Wars“-Episoden III und IV klafft eine gut 20-jährige Lücke: Anakin Skywalker reift zu Darth Vader, dem ranghöchsten Schergen des bösen Imperiums, seine Kinder Luke Skywalker und Leia Organa wachsen zu Führungsfiguren des Widerstands heran. Einen kleinen Ausschnitt aus dieser Zwischenzeit bietet nun die Serie „Obi-Wan Kenobi“ auf Disney+.

Ewan McGregor spielt darin erneut den titelgebenden Jedi-Ritter, der Anakin Skywalkers Mentor war und nun die kindlichen Hoffnungsträger Luke und Leia beschützt. Vielleicht hatte der schottische Charakterdarsteller die Hoffnung, etwas gutmachen zu können – in den reichlich vermurksten Episoden I bis III konnte er nur punktuell glänzen, was weniger an ihm lag denn an den Drehbüchern und der Regie von George Lucas.

Der Jedi-Ritter steckt in einem Dilemma

McGregor ist zwar älter als die Figur, schlägt sich aber wacker in den ersten beiden Episoden der Serie. Mit der dunklen Seite der Macht aufgeladene Inquisitoren des Imperiums jagen die letzten Jedi-Ritter, Obi-Wan Kenobi lebt zurückgezogen auf dem Wüstenplaneten Tattooine. Er arbeitet incognito in einer Art Fleischerei, wacht heimlich über den zehnjährigen Luke und lebt in einem massiven Dilemma: Entgegen der Jedi-Ethik verweigert er Kreaturen in Not seine Hilfe, um nicht enttarnt zu werden.

McGregor macht das gut, schweigsam trägt er die Bürde im Gesicht, und zwischendurch scheint es seinen Obi-Wan beinahe zu zerreißen. Dessen Verweigerungshaltung bricht, als Kopfgeldjäger die zehnjährige Leia entführen – natürlich im Auftrag der Inquisition, die den Jedi hervorlocken möchte.

Den Inquisitoren mangelt es noch an Statur

Leia ist durch Adoption nun Prinzessin von Alderaan und ein Wildfang mit sehr eigenem Kopf. Intelligent und widerborstig wirkt die kleine Vivien Lyra Blair in der Rolle und spiegelt glaubhaft die streitbare Anführerin voraus, die Carrie Fisher aus der Figur gemacht hat. Obi-Wan wiederum stellt fest, dass seine Jedi-Kräfte ziemlich eingerostet sind. Das erscheint ein wenig überspitzt, ist aber gut inszeniert – und McGregor müht sich redlich.

Die Inquisitoren sind eine Truppe von Schindern, wie man sie kennt, allerdings fehlt ihnen bislang eine schillernde Figur wie Darth Vader oder Kylo Ren. Noch weit entfernt von einer derartigen Statur ist zunächst die skrupellose Reva Sevander (die Afroamerikanerin Moses Ingram), die auf ihrem Kreuzzug Befehle missachtet und über Leichen geht.

Hayden Christensen taucht zunächst nur in Schlaglichtern auf

Hayden Christensen ist zunächst nur in fiebrigen Albtraum-Schlaglichtern zu sehen als vom Feuer vom Feuer entstellter Anakin Skywalker – Darth Vader lässt noch auf sich warten. Einen erwähnenswerten Auftritt hat der Red Hot Chili-Peppers Bassist Flea: Er spielt den als Kopfgeldjäger Vect Nokru, eine besonders unappetitliche Type.

Visuell gibt es ein wenig Raumfahrt zu sehen und die in „Star Wars“ üblichen Aliens, außerdem Impressionen vom grünen Planeten-Idyll Alderaan und vom räudigen Weltraumhafen Daiyu. Tattooine kennt das Publikum ja bereits bestens, die Serie „The Book of Boba Fett“ spielt dort, anknüpfend an die Spielfilm-Episode VI.

Die Effekte wirken stellenweise handgestrickt

Wie schon in „Boba Fett“ wirken die Effekte auch in „Obi-Wan Kenobi“ stellenweise sehr handgestrickt und durchsichtig – etwa wenn Leia im Wald den Kopfgeldjägern zunächst trickreich entwischt oder die Inquisitorin mittels ihrer Macht in Batman-Manier den Protagonisten durch Straßenschluchten verfolgt.

Die Regisseurin Deborah Chow, die auch bei der „Star Wars“-Serie „The Mandalorian“ mitgewirkt hat, kämpft aber mit einem weit größeren Handicap: Weil alle wissen, wie die Geschichte ausgeht, hat sie sichtlich Mühe, Spannung zu erzeugen und zu halten. Einen großen Schlüsselmoment, eine Art Erleuchtung immerhin erlebt die die Hauptfigur – der hier natürlich verraten werden darf.

„Star Wars“-Interessierte können erfahrungsgemäß sowieso gar nicht anders, als „Obi-Wan Kenobi“ zu Ende schauen – am 1. Juni geht’s weiter.

Obi-Wan Kenobi

Serie
„Obi-Wan Kenobi“ hat sechs Episoden und wurde entwickelt von einem Team um Deborah Chow. Jon Favreau, verantwortlich für die „Star Wars“-Serien „The Mandalorian“ und „The Book of Boba Fett“, war diesmal nicht beteiligt.

Ausstrahlung
Disney+ hat zum Auftakt am 27. Mai zunächst die ersten beiden Episoden freigeschaltet. Episode drei folgt am 1. Juni, Episode 4 am 8. Juni, Episode 5 am 15 Juni und Episode 6 am 22. Juni.