SWR-Redakteurin Diana Hörger im Gespräch mit Hannes Rockenbauch. Foto: jan

Schlussspurt im OB-Wahlkampf: die Kandidaten Marian Schreier, Frank Nopper und Hannes Rockenbauch haben sich am Donnerstagabend im VHS-Treffpunkt am Rotebühlplatz präsentiert – einer nach dem anderen.

Stuttgart - Drei Einzelinterviews statt einer Podiumsdiskussion: die Volkshochschule Stuttgart (VHS) versucht, am Donnerstagabend aus der Not – der Absage von CDU-Kandidat Frank Nopper – eine Tugend zu machen, indem sie die Kandidaten Marian Schreier (parteiunabhängig) und Hannes Rockenbauch (SÖS) nacheinander befragt. Ein Interview mit dem Backnanger OB wird per Video eingespielt. VHS-Direktorin Dagmar Mikasch-Köthner spricht zur Begrüßung von einer „En-suite-Veranstaltung“. Man könnte es auch ein politisches Speed-Dating nennen. Es ist die Gelegenheit, die drei wichtigsten Kandidaten im Treffpunkt Rotebühlplatz via Livestream nochmals einzeln in den Blick zu nehmen.

Schreier wechselt nicht nach Backnang

Den Anfang macht Marian Schreier, der 30-jährige Bürgermeister aus Tengen. Die jüngste Umfrage der Universität Hohenheim sieht ihn auf einem guten Platz zwei – jedoch mit deutlichem Abstand zum Führenden Frank Nopper. Haben ihn die Zahlen ermutigt oder entmutigt?, will SWR-Redakteurin Diana Hörger wissen. „Das war eine Ermutigung Man muss sehen, von aus wir gestartet sind“, sagt Schreier. Entschieden sei die OB-Wahl noch keineswegs. Im Gespräch mit Hörger und Fragestellern aus dem Publikum spielt Schreier seine rhetorischen Stärken zu bekannten Themen aus: Digitalisierung, Wohnen, Kultur, Mobilität. Schrittweise will er das 365-Euro-Ticket im Nahverkehr einführen. Für die Fahrradstadt will er einzelne Straßen umwidmen und nach dem Vorbild Wiens „ein positives Zukunftsbild“ für die Stadt entwerfen.

Als „junger weißer Karrierist“ sieht Schreier sich ausdrücklich nicht. Überhaupt hält er nichts von Labeln und Zuschreibungen. Deshalb lässt er sich auch nicht in die öko-soziale Schublade stecken. „Die OB-Wahl ist eine Persönlichkeitswahl“, sagt er nach dem Motto: Schreier ist Schreier. Heiterste Erkenntnis: Schreier wird sich im Fall einer Niederlage nicht als OB in Backnang bewerben, wie Hörger witzelt, sondern zurück nach Tengen gehen „und Stuttgart verbunden bleiben“.

OB Klett und der Dienst-Porsche

Nopper ist an diesem Abend die Nummer zwei. Nach den Umfragen scheint vieles auf ihn zuzulaufen. Die OB-Wahl – für ihn „ein gemähtes Wiesle?“ „Nein!“, sagt Nopper, als sei er erschrocken. „Alles ist offen, noch ist nichts entschieden.“ Bis Sonntagabend, 18 Uhr, wenn die Wahllokale schließen, sei er bis in die Zehenspitzen hinein motiviert. Schnell kommt man auf die Mobilität und das Auto zu sprechen. Nopper erinnert anekdotenhaft daran, dass er erste OB Arnulf Klett einen Dienst-Porsche besessen hat – damals in der Zeit der autogerechten Stadt. Dorthin will Nopper nicht zurück, er will aber auch nicht das Gegenteil. Der 59-Jährige warnt vor einer „radikal freien City“ und sagt: „Das Auto wird an Bedeutung verlieren aber Bedeutung behalten müssen, wenn wir eine vitale Innenstadt haben wollen.“ „Ein alter weißer Mann?“ Nichts da. „Ich bin vorwärtsgewandt und setze auf neue Technologien“, verkündet der CDU-Kandidat und strahlt, dass Hannes Rockenbauch später sagen wird: „Ich muss es hinkriegen, wie Nopper zu grinsen.“

Hängen bleibt auch dies: Nopper lobt den Gastgeber des Abends, die Volkshochschule, „als Rückgrat der Bildungslandschaft“. Nach eigenem Bekunden hat er selbst schon mal einen Kochkurs an der VHS belegt – „allerdings erfolglos. Es ist wie mit dem Autofahren, man muss es praktizieren.“

„Es gibt zwei Rockenbauchs“

Der Dritte im Bunde ist Hannes Rockenbauch. Auch an ihn geht die Frage, wie er sich nach der jüngsten Umfrage, die ihn auf Platz drei sieht, motiviert. Kein Problem, sagt er. „Ich bin das gewohnt. Ich mache Politik auch nicht wegen Prozenten, sondern weil ich Stuttgart mitgestalten will.“ Der Sprecher der bunten Links-Fraktion im Stuttgarter Gemeinderat hofft auf „die Sensation“. Gleichzeitig legt er seine strategische Überlegung offen: „Stimmen für mich können nicht verloren gehen – entweder werde ich OB oder ich bin im Gemeinderat gestärkt als Oppositionsführer.“ „Lieber unter Nopper oder Schreier?“, will ein Fragesteller wissen. „Mit keinem der beiden habe ich ein Problem“, antwortet er. Die Ähnlichkeit zwischen den beiden sei ohnehin größer als die von Nopper oder Schreier mit ihm. Erhellend auch seine Festellung: „Es gibt zwei Rockenbauchs. Einer der auf der Bühne steht und kämpft und einer der im Gemeinderat Realpolitik macht“. Als Beispiel nennt er den letzten Doppelhaushalt, der eine eindeutige öko-soziale Handschrift trage.

Der hässlichste Platz der Stadt

Der unterschiedliche Blick auf Stuttgart zeigt sich nebenbei in den Antworten der Kandidaten auf die Frage nach dem hässlichsten Platz der Stadt. Rockenbauch nennt den Gebhard-Müller-Platz („eine Katastrophe!“), Schreier hält die Klett-Passage für suboptimal und Nopper („positiv denken!“), kennt gar keinen hässlichen Platz. Stattdessen redet er vom Schillerplatz, „meinem Lieblingsplatz“, auch deshalb, weil er dort einst seine Konfirmation gefeiert habe. Am Sonntag geht’s in Stuttgart um andere Plätze: um den ersten, den zweiten und den dritten.