Lobpreis statt Sex, Drogen und Gewalt: Die O’Bros erobern mit ihrem neuen Album die Charts. Am Freitag spielen sie vor ausverkauftem Haus in der Porschearena. Was steckt hinter ihrem Erfolg? Und warum halten das manche für problematisch?
Für das neue Album posieren die O’Bros vor einem brennenden Auto. Der martialische Auftritt passt zum Genre. Die O’Bros, bürgerlich Alexander und Maximilian Oberschelp, sind Rapper, doch sie spielen keinen Gangsta-Rap, sondern das krasse Gegenteil davon. Statt um Geld, Sex und Drogen geht es in ihren Texten um Gott, Lobpreis und christliche Werte. „Meine Seele ruft nach dir, wenn ich fall, bist du bei mir“, heißt es in einem ihrer neuen Songs. Das kommt erstaunlich gut an. Ihr Konzert am Freitagabend in der Stuttgarter Porschearena – halb Releaseparty, halb Gottesdienst – ist seit Tagen ausverkauft.
Auch Benjamin Steinhoff wird es mit seinen Kindern besuchen. Der Referent für Jugendchorleitung bei der Evangelischen Popakademie attestiert den beiden Jungs, aufgewachsen in einer Münchner Freikirchengemeinde, dass sie den Glauben bei Jugendlichen attraktiv machen können. „Gute Musik, gute Vibes, gute Stimmung“, sagt Steinhoff. Hinzu kämen „tolle Texte“, die die christliche Botschaft gut zusammenfassten. Etwas, was man von klassischen Kirchenliedern eher selten kennt. „Von den Jugendlichen in meinen Chören werden die O’Bros gefeiert.“ Mehrere Songs habe er schon als Chorsatz arrangiert.
Anfangs wurden die O’Bros in der nicht unbedingt glaubensaffinen Hiphop-Szene verspottet. Mit Shitstorms hatten sie zu kämpfen. Doch nach zehn Jahren scheinen sie den engen Kreis besonders frommer Jugendlicher verlassen zu haben. Das neue Album „To be honest“ ist sogar auf Platz eins der Albumcharts gestiegen, ein Novum für eine bekennend christliche Band in Deutschland. Wobei: dass das erste Konzert in Stuttgart, der Hochburg von Pietisten und Evangelikalen, ausverkauft sei, sei noch keine Überraschung, sagt Andreas Oelze, Weltanschauungsbeauftragter der Württembergischen Landeskirche. Die zweite Releaseparty soll allerdings in Berlin stattfinden. „Da bin ich mal gespannt.“ Dort sind tatsächlich noch etliche Karten zu haben.
Kritische Stimmen: O’Bros und das neue Christentum im Fokus
Während manche die Texte für banal halten, erkennt Oelze darin durchaus aus Lebenserfahrung getränkte Töne. Allerdings gibt es auch kritische Stimmen. Die angehende Pfarrerin Maria Hinsenkamp hat sich in ihrer Promotionsschrift mit „Visionen eines neuen Christentums“ beschäftigt. Darin ordnet sie die O’Bros einem pfingstlich-charismatischen Netzwerk zu. In dieser Szene werde ein „bestimmtes Reich-Gottes-Verständnis postuliert, dessen Ziel die Herrschaft Gottes in allen individuellen und gesellschaftlichen Lebensbereichen“ sei. In Deutschland habe man diese Szene noch gar nicht auf dem Schirm, sagt Hinsenkamp. In den USA stamme aber schon das komplette Umfeld von Präsident Donald Trump aus diesem Bereich.
Auch die O’Bros singen nicht nur von Gottes Liebe, sondern propagieren ziemlich unverstellt diesen Dualismus. „Transformation für die ganze Nation. Kommen voller Dominanz vor den Thron, für jeden Dämon ist hier Haltestation“, heißt es im Titelsong ihres neuen Albums. Und weiter beklagen sie: „Bist du nicht links, dann bist du rechts. Die Wahrheit wird verdreht und Böses so oft gut genannt.“
Kritik an O’Bros: Rechtsaffinität und umstrittene Verbindungen
Die Evangelische Zentralstelle für Weltanschauungsfragen in Berlin attestiert den beiden Rappern durchaus auch eine gewisse Offenheit nach Rechts. Im vergangenen Jahr hatte Alexander Oberschelp bei der Konferenz der Alliance for Responsible Citizenship (ARC) in London teilgenommen, eine Art Klassentreffen rechter Christfluencer. Mit dabei in der deutschen Reisegruppe waren unter anderem Ex-AfD-Chefin Frauke Petry und die für die AfD werbende christliche Influencerin Jasmin Neubauer.
Der Chorleiter Steinhoff sieht es dennoch gelassen. Die meisten Jugendlichen kämen wegen der guten Stimmung, der Großteil der Texte verbreite positive Botschaften. Im Übrigen hätten beide Brüder, die er persönlich kenne, auch Freunde aus dem linken Milieu. „Die sind offen nach vielen Seiten.“ Und dann ist es wohl auch so wie bei den Fans von klassischen Gangsta-Rap: Auch da wird nicht jede Zeile für voll genommen. „Ich habe nicht das Gefühl, dass sich die Jugendlichen durch die Texte irgendwie unter Druck setzen lassen.“