Wie umgehen mit NS-Raubkunst? Im Bild: Kopien einer Renaissance-Tafel von dem Künstler Bartholomäus Spranger Foto: dpa/Britta Pedersen

Muss Deutschland Kunst, die es in der NS-Zeit unter Wert gekauft hat, wieder zurückgeben – und nachträglich eine Entschädigung für den forcierten Handel zahlen? Mit diesen Fragen befasst sich derzeit das oberste US-Gericht.

Washington - Das oberste US-Gericht befasst sich mit der Klage einer jüdischen Erbengemeinschaft, die Deutschland zwingen will, in der NS-Zeit unter Wert gekaufte Kunst wieder zurückzugeben. Bei der Anhörung an diesem Montag (Ortszeit) geht es auch um die Frage, ob Deutschland nicht nachträglich eine Entschädigung für den sogenannten Welfenschatz zahlen muss, den Nazi-Deutschland einem Konsortium jüdischer Kunsthändler 1935 unter Druck abkaufte.

Die Erben mehrerer jüdischer Kunsthändler, die in den USA leben, versuchen seit fast zehn Jahren, den "Zwangsverkauf" wieder rückgängig zu machen. Die Kunstgegenstände wechselten damals die Besitzer zu etwa einem Drittel jenes Preises, den das Konsortium 1929 für die Sammlung bezahlt hatte.

„Enteignungen“ sind ein Sonderfall

Im Mittelpunkt steht die Frage, ob ein ausländischer Staat in den USA wegen eines "völkerrechtswidrigen Eigentumsdelikts" verklagt werden kann. Ausländische Regierungen besitzen in den USA seit 1976 Immunität. Eine Ausnahme besteht allerdings dann, wenn es um "Enteignungen" geht, die gegen das Völkerrecht verstoßen.

Eine deutsche Expertenkommission hatte zuvor entschieden, dass der damalige Besitzerwechsel "kein Zwangsverkauf aufgrund von Verfolgung" gewesen sei. Der geringe Preis für die Sammlung spiegele lediglich die Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise wider. Vor einer unteren US-Gerichtsinstanz hatten deutsche Anwälte zuvor argumentiert, der "Welfenschatz" sei damals "historisch, künstlerisch und nationalpolitisch wertvoll" für Deutschland gewesen.

Historiker halten dem entgegen, kein Verkauf jüdischen Eigentums in der NS-Zeit sei freiwillig zustande gekommen. Der "Welfenschatz", darunter ein mittelalterliches Kreuz, ist Teil einer Ausstellung des Bode-Museums in Berlin.

Niederlande: aktive Suche nach rechtmäßigen Eigentümern

Auch in den Niederlanden ist NS-Raubkunst derzeit ein Thema. Einer Untersuchungskommission zufolge muss das Land aktiv die rechtmäßigen jüdischen Eigentümer von Nazi-Raubkunst suchen. Staatliche Sammlungen und Museen müssten auch strukturell die Herkunft tausender Objekte erforschen, fordert eine von der Regierung eingesetzte Kommission in ihrem am Montag vorgelegten Bericht. In Museen befinden sich nach Schätzungen der Kommission noch rund 4000 Kunstobjekte, die möglicherweise von den Nationalsozialisten während des Zweiten Weltkrieges geraubt worden waren.

Seit 2007, so stellt die Kommission fest, wird nicht mehr aktiv nach Herkunft und möglichen rechtmäßigen jüdischen Eigentümern oder ihren Erben geforscht. „Das verstößt gegen internationale Prinzipien, denen sich die Niederlande verpflichtet haben“, erklärt die Kommission.

Scharfe Kritik an Rückgabe-Praxis

Die Untersuchungskommission übte scharfe Kritik an der bisherigen Rückgabe-Praxis. Danach wurde bei der Prüfung von Forderungen von Erben auch das Interesse der Museen berücksichtigt. Auch das verstoße gegen internationale Regeln, erklärte die Kommission. Die Wiederherstellung des Rechts müsse vorrangiges Prinzip sein.

Die Nazis haben zahlreiche Kunstwerke von Juden oder anderen Verfolgten geraubt. Nach dem Zweiten Weltkrieg gaben die Alliierten viele Kunstwerke an die Niederlande mit dem Auftrag zurück, die rechtmäßigen Eigentümer zu finden.