18 Notfallpraxen im Land sollen schließen. (Symbolbild). Foto: Robert Kneschke - stock.adobe.com/Robert Kneschke

In Baden-Württemberg sollen offenbar 18 Notfallpraxen geschlossen werden. Die Bürgermeister in den betroffenen Städten und Gemeinden laufen Sturm.

Die Kritik an der geplanten Schließung weiterer Notfallpraxen in Baden-Württemberg reißt nicht ab. In einem Brief fordern nun 18 Bürgermeisterinnen und Bürgermeister Gesundheitsminister Manfred Lucha (Grüne) auf, zu handeln. Nachdem in den vergangenen Jahren bereits mehrere der Notfallpraxen dichtgemacht wurden, plant die Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW) nun offenbar, damit fortzufahren. In einigen Medienberichten war in den vergangenen Tagen von 17 Notfallpraxen im Land die Rede, laut Informationen, die unserer Zeitung vorliegen, soll es sich sogar um 18 Notfallpraxen handeln.

„Wir erwarten, dass Sie sich jetzt rasch der Sache annehmen und nicht länger untätig zusehen, wie die Kassenärztliche Vereinigung (KVBW) den funktionierenden ärztlichen Bereitschaftsdienst in unseren Städten und Gemeinden an die Wand fährt“, heißt es in dem Schreiben der Bürgermeister. Die zugrunde gelegten Kriterien für die Schließungen seien „nicht nachvollziehbar und gesamtpolitisch alarmierend“.

Zu den in der Region Stuttgart betroffenen Notfallpraxen soll Backnang, Kirchheim unter Teck und Herrenberg gehören. Aber auch in anderen Teilen des Landes soll das Netz ausgedünnt werden.

Wie weit darf der Weg sein?

Hintergrund der Schließung ist eine Neuplanung der ärztlichen Bereitschaftsdienste. Ziel soll es laut den Berichten sein, dass 95 Prozent der Bevölkerung die verbliebenen Notarztpraxen innerhalb von 30 Minuten Fahrtzeit erreichen können, während die maximale Fahrzeit für den Rest bei 45 Minuten liege. Diese Regelung kritisieren die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister scharf. Der Weg könne nur mit dem Auto und ohne erhebliche Verkehrsbeeinträchtigungen zurückgelegt werde. „Dies ist eine massive Benachteiligung der älteren und wenig begüterten Bevölkerungsteile, die kein Auto (mehr) haben“, heißt es in dem Schreiben an Lucha. Die Fahrzeit müsse auch für den ÖPNV gelten. „Denn wir sind uns doch sicher einig, dass Notfallversorgung nicht nur für Autofahrer, sondern auch für Menschen ohne KfZ funktionieren muss.“

Kriterien seien nicht haltbar

Johannes Arnold, Oberbürgermeister in Ettlingen und Initiator des Schreibens, kritisiert vor allem, dass es pro Landkreis nur ein bis zwei Notfallpraxen geben soll. „In Hinblick auf die Bevölkerungszahl unterscheiden sich die Kreise aber ganz erheblich, die Kriterien sind nicht haltbar“, sagte er. Und welche Position vertreten die Ärzte vor Ort? Laut Johannes Arnold gebe es einen gut organisierten Verein, in dem sich rund 130 Ärztinnen und Ärzte engagierten. „Man will ein funktionierendes System gegen die Wand fahren“, so der Oberbürgermeister. Einzelne Ärzte, die sich öffentlich äußern wollen, gibt es aber nur wenige. Laut Arnold fühlten sich viele eingeschüchtert. „Die Ärzte haben Angst vor den Verantwortlichen“, so der Oberbürgermeister.

Eine Sprecherin des Sozialministeriums erklärte, die Notfallversorgung im Land sei gesichert. Außerdem gebe es nur eng begrenzte Prüfmöglichkeiten. „Es gibt keine näheren gesetzlichen Vorgaben, wie der Bereitschaftsdienst zu organisieren ist“, so die Sprecherin.